Offshore-Ölfeld im Atlantik:Firmen aus Europa und China dürfen Öl vor Brasilien fördern

Die Förderrechte für das größte Ölfeld vor Brasiliens Küste sind vergeben. Von einer Versteigerung kann aber kaum die Rede sein: Nur ein Konsortium hatte geboten - zum Ärger der Demonstranten, die sich vor dem Auktionshotel Gefechte mit der Polizei lieferten.

Bei der Versteigerung der Förderrechte für das riesige Offshore-Ölfeld "Campo de Libra" vor Brasiliens Küste hat nur ein Konsortium aus fünf Firmen geboten und den Zuschlag mit dem Mindestgebot erhalten.

Der Gruppe gehören die beiden Konzerne Shell (GB/Niederlande) und Total (Frankreich), die staatlichen Multis CNPC und CNOOC (beide China) sowie die staatlich kontrollierte Petrobras aus Brasilien an.

Insgesamt waren elf Firmen zugelassen. Zum Schluss landete allerdings nur ein Angebotsumschlag in der Auktionsbox. Voraussetzung für den Zuschlag war, dass der brasilianische Staat einen Anteil von mindestens 41,65 Prozent am Öl bekommt. Das Konsortium blieb am Montag bei diesem Mindestgebot und bekam - mangels Konkurrenz - bei einer live im Fernsehen übertragenen Veranstaltung den Zuschlag.

Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten

Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff wertete den Ausgang der Auktion über die Förderkonzessionen als "Erfolg". Gleichwohl war die Vergabe der Förderkonzessionen in Brasilien hoch umstritten.

Vor dem Hotel in Rio de Janeiro, in dem die Versteigerung stattfand, demonstrierten etwa 200 Menschen. Es kam zu Auseinandersetzungen mit den etwa 1000 Polizisten, die Tränengas und Gummigeschosse abfeuerten. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt.

Die Demonstranten werfen der Regierung einen "Ausverkauf" der brasilianischen Ölreserven an ausländische Firmen vor. Den Gewerkschaften zufolge kommt die Versteigerung der Förderrechte komme einem Verkauf staatlichen Tafelsilbers gleich. Beschäftigte von Petrobras waren vergangene Woche in einen unbefristeten Streik getreten.

Kritik am staatlichen Teilungsmodell

Den Kritikern geht das sogenannte Teilungsmodell der Regierung nicht weit genug, das dem Staat neben Gebühren auch feste Anteile am geförderten Öl zugesteht und zudem Petrobras mit einem gesetzten Anteil von 30 Prozent als Betreiber der Offshore-Operation in Libra festsetzt. Großkonzerne wie Chevron, Exxon und BP waren bei der Auktion erst gar nicht an den Start gegangen. Die Regierung hatte anfangs mit 40 interessierten Konzernen gerechnet.

Das Konsortium muss nun einen hohen Bonus an die Regierung in Höhe von 15 Milliarden Reais (etwa fünf Milliarden Euro) zahlen. Petrobras ist neben den 30 Prozent mit weiteren zehn Prozent an dem Konsortium beteiligt. Shell und Total halten je 20 Prozent und die chinesischen Staatskonzerne CNPC und CNOOC jeweils zehn Prozent. Der Vertrag zur Ölförderung läuft über 35 Jahre.

Mit einer Aufnahme der Produktion im "Campo de Libra" wird frühestens 2018 gerechnet. In dem Ölfeld werden acht bis zwölf Milliarden Barrel Öl vermutet. Das Öl lagert in rund 6000 Metern Tiefe unter einer dicken Salzschicht ("Pré-Sal"), weswegen die Investitionssummen vermutlich deutlich im zweistelligen Milliarden-Bereich liegen. Bei Vollfunktion soll die Produktion dort bei 1,4 Millionen Barrel Öl pro Tag liegen.

Allein durch die Gebühren erwartet die zuständige brasilianische Öl-Behörde ANP in der Vertragslaufzeit Einnahmen von mindestens 300 Milliarden Reais (100 Milliarden Euro).

Beschäftigunsschub erwartet

Der Staat hatte in diesem Jahr ein Gesetz verabschiedet, dass dafür sorgen soll, dass Einnahmen aus der Ölförderung in das Gesundheits- und Erziehungssystem fließen. Finanzmarktanalysten gehen davon aus, dass die Ausbeutung der gigantischen Ölreserven Brasilien einen massiven Beschäftigungsschub geben und die Wirtschaftsleitung des Landes deutlich erhöhen wird.

Insgesamt verfügt Brasilien über 15,3 Milliarden Barrel Ölvorräte, die bislang bestätigt wurden. Von den derzeit 2,1 Millionen geförderten Barrel Öl pro Tag stammen etwa 320.000 Barrel aus dem Offshore-Bereich in großer Meerestiefe. Das Land ist bereits jetzt der zweitgrößte Erdölproduzent in Lateinamerika nach Venezuela.

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