Banken und Anwälte:Helfer und Partner der Steueroasen

Scenes Of Singapore

Skyline der Finanzstadt Singapur

(Foto: Getty Images)

Anwälte und Banken arbeiten hart, damit Offshore-Geschäfte geheim bleiben. Auch die Deutsche Bank wirbt freundlich für Offshore-Dienste.

Von Bastian Brinkmann, Christoph Giesen, Frederik Obermaier und Bastian Obermayer

Die Finanzdienstleister Portcullis Trustnet und Commonwealth Trust Limited helfen Menschen, geheime Briefkastenfirmen aufzusetzen. Im hier verlinkten Report werden diese Firmen und ihre Gründer vorgestellt. Der folgende Text erklärt, wie diese Dienstleister arbeiten, um die Geheimnisse ihrer Kunden geheim zu halten - und wie Anwälte und Banken dabei helfen, dass das System Offshore funktioniert.

In den Firmendatenbanken von Portcullis Trustnet und Commonwealth Trust Limited finden sich zahlreich Memos und Notizen, die belegen, wie sehr die Dienstleister versuchen, die Identität der Kunden zu schützen. Manche Kunden durften auf keinen Fall angerufen werden, andere durften keine Briefe bekommen. Ein Mann namens Trevor Clarke wiederum sollte nur telefonisch kontaktiert werden. "Keine Dokumente" dürften in der Portcullis-Filiale auf den Cook-Inseln gelagert werden, stattdessen sollten die Unterlagen in Hongkong aufbewahrt werden. Der Grund: Clarke war von 2003 bis 2010 Chef der Finanzaufsicht der Cook-Inseln, die das Offshore-Business eigentlich kontrollieren soll.

Bei dem Gründer eines Trusts Parkland Oak Trusts lautet die ausdrückliche Anweisung, jegliche Post unbedingt an eine Schweizer Steuerkanzlei zu schicken - nicht dass jemand Unterlagen an den Gründer selbst schickt. Der war nämlich "offensichtlich sehr geheim", das besagten jedenfalls digitale Notizzettel in seiner Akte. Der Mann war aber auch durchaus prominent. Die Rede ist von Gunter Sachs, dem 2011 verstorbenen Millionenerbe, Playboy, Unternehmer. Sein Konstrukt auf den Cook-Inseln umfasste zwei Briefkastenfirmen und fünf Trusts.

Maria "Imee" Imelda Marcos Manotoc, Absolventin der US-Elite-Universität Princeton, ist die älteste Tochter des früheren philippinischen Diktators Ferdinand Marcos. Nach 21 Jahren an der Macht flüchtete er im Februar 1986 vor seinem eigenen Volk. Zuvor hatte er etwa fünf Milliarden Dollar aus der Staatskasse geplündert, schätzt man. Nur ein Bruchteil davon tauchte auf Bankkonten in Luxemburg und der Schweiz wieder auf, der Rest blieb verschollen.

Auch Marcos' Tochter Imee ging in die Politik, 1998 zog sie ins philippinische Repräsentantenhaus ein, später wurde sie Gouverneurin der Provinz Illocos Norte. Die Daten zeigen nun: Sie ist die Begünstigte mindestens eines Offshore-Vehikels mit Sitz in Britischen Jungferninseln: des Sintra Trusts. Als Staatsdienerin muss Marcos Manotoc ihr Vermögen offenlegen, das schreibt das philippinische Gesetz vor. In ihren Erklärungen taucht der Trusts jedoch nicht auf. Stammt das Geld in diesen Firmen aus dem unrechtmäßigen Vermögen des Vaters? Auf den Philippinen wollen die Behörden nun prüfen, ob darin das Vermögen ihres Vaters dort geparkt wurde - oder zumindest Teile davon.

Immer wieder stößt man bei Portcullis und Commonwealth auf Politiker, Despoten und ihre Verwandten. Die Anwesenheit der Politprominenz zeigt, wie sicher die Offshore-Häfen mal waren. Für Politiker steht üblicherweise die politische Existenz auf dem Spiel, sobald geheime Firmen ans Licht kommen - und in etlichen Ländern ist die politische eng mit der persönlichen Existenz verbunden. Umso größer muss das Vertrauen in die Diskretion sein.

Auch Helfer des simbabwischen Diktators Robert Mugabe tauchen in den Daten auf, die Männer halfen damit wohl, internationale Embargos umgehen. Außerdem findet sich der mongolische Parlaments-Vize Bayartsogt Sangajav. Er hatte eine Firma auf den Britischen Jungferninseln, und auf dem dazugehörigen Bankkonto in der Schweiz mehr als eine Million Dollar. Sein Rücktritt gilt als wahrscheinlich.

Aktuellster Fall ist Jean-Jacques Augier, der Wahlkampfmanager von Frankreichs Präsident François Hollande. Augier ist an zwei Firmen beteiligt, die 2005 und 2008 auf den Cayman-Inseln gegründet wurden. Sein Fall bringt Präsident Hollande in Bedrängnis. Erst am Dienstag hatte sein zurückgetretener Haushaltsminister gestanden, ein geheimes Auslandskonto unterhalten zu habe.

Die Banken: unerlässliche Partner

Wenn sich jemand mit Kapitalismus auskennt, dann sind es die Banken. Ohne sie würde sich das Räderwerk der internationalen Steueroasen-Industrie keinen Millimeter weit drehen. Vor allem die Großbanken sind es, die mit ihrem globalen Netz an Konten die Offshore-Welt erst funktionstüchtig machen, sie helfen dabei, das Geld - auch Schwarzgeld - über die Ländergrenzen hinweg zu verteilen. Und sie lassen sich nicht lange bitten: Ob die US-Bank JP Morgan, die Deutsche Bank oder die Schweizer UBS - praktisch alle großen Geldhäuser waren Geschäftspartner von PTN und CTL. Schon die Zahlungsabwicklung der Großbanken mit Steueroasen ist wegen des Geldwäscheproblems umstritten, und da steht die Deutsche Bank automatisch im Fokus: Kaum eine Bank der Welt wickelt so viele Zahlungsaufträge ab wie sie. Eine Gratwanderung.

Auf der einen Seite bringt jeder Kunde Geld, auf der anderen Seite dürfen die Banken die Grauzone nicht nachweisbar verlassen. Die Strafen bei Geldwäsche können, vor allem in den USA, drastisch ausfallen, von hohen Bußgeldern bis zum Geschäftsverbot in den Vereinigten Staaten. Für ein globales Institut bedeutet das die Pleite.

Entsprechend wehrt die Deutsche Bank Nachfragen zu dem Thema ab. "Die Deutsche Bank hat umfangreiche Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass die Produkte und Dienstleistungen der Bank zu Zwecken der Geldwäsche missbraucht werden können", sagt ein Sprecher.

Die Offshore-Geschäfte der Deutschen Bank

Auf ihrer Website dboffshore.com wirbt die Bank etwas freundlicher für Offshore-Dienste. Dort heißt es, Mauritius, eine Steueroase, böte "eine steuer-neutrale Umgebung". Die Geschäfte auf der Insel laufen gut: Die Mitarbeiterzahl im örtlichen Büro stieg dem Konzern zufolge in den letzten Jahren von fünf auf mehr als 200.

Die Daten zeigen nun: Die Deutsche Bank gründete über ihre Filiale in Singapur bis ins Jahr 2010 309 Briefkastenfirmen und Trusts. In wessen Auftrag diese Vehikel mit Namen wie Roseburn oder White River Holdings Group Ltd. aufgesetzt wurden und was der Geschäftszweck ist, will die Bank nicht sagen.

Zwar ist das Ausmaß der Geschäfte der Deutschen Bank geringer als beispielsweise das der UBS, die laut den Datenbeständen des Offshore-Leaks in mehr als 2900 Gesellschaften involviert ist. Aber auch die Deutsche Bank betrieb Offshore-Service für wohlhabende Privatkunden, das geht aus den Unterlagen hervor. Ein Mitarbeiter der Deutschen Bank-Filiale Singapur half beispielsweise einem Kunden, auf kurzem Dienstweg, dessen Yacht in seine Offshore-Firma zu packen. Der Vermögensverwalter der Deutschen Bank kannte die Mitarbeiter von Portcullis Trustnet: Er hatte bei ihnen bereits Firmen bestellt.

Die Erkenntnis, dass die Deutsche Bank Offshore betreibt, ist so neu nicht. Schon 2009 waren rund 500 Tochtergesellschaften in Steueroasen bekannt. Aber die Regierung hat seither wenig unternommen, um die Geschäfte zu stoppen - die sie in anderen Ländern geißelt. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, kritisiert beides: die Bundesregierung wie auch das Geschäftsmodell von Instituten wie der Deutschen Bank. Die Banken könnten zur Verschleierung von Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Korruptionsgelder beitragen, sagt er dem NDR und der SZ, und die schwarz-gelbe Koalition versuche, "diese illegalen Strukturen zumindest zu tolerieren oder auch zu schützen".

Die Anwälte: willige Helfer

Wenn die Unterstützung der Banken das Öl ist, das Räderwerk der Steueroasen schmiert und den reibungslosen Ablauf garantiert, sind die Anwälte, Treuhänder und Vermögensverwalter und Steuerberater das Benzin, das die Maschinerie antreibt. Ohne ihre Expertise, ohne ihren Rat in Sachen "grenzüberschreitende Steuerplanung" würden Firmen wie Portcullis oder CTL wohl lange auf Kunden warten.

Diese Rolle lässt sich in den Kundendaten präzise nachvollziehen. Insgesamt finden sich dort 12.000 Finanzintermediäre, also Anwälte und Treuhänder. Sie bringen die Leute mit dem Geld und die Länder mit den laschen Gesetze zusammen.

In den Daten des Leaks finden sich zahlreiche Anwälte aus der Schweiz. Ein Grund mag sein, dass die Hilfe bei der Steuervermeidung dort noch bis vor gar nicht so langer Zeit als üblich galt - und Steuerhinterziehung auch nicht als Straftat bewertet wird. Ein anderer Grund ist sicher, dass oft mit Geldern hantiert wird, die bereits in die Schweiz verbracht wurden, und nur eine neue virtuelle Heimat brauchten.

Unter den Schweizer Anwaltskanzleien ist auch die Zürcher Großkanzlei Lenz & Staehelin, die allein schon deswegen ins Auge sticht, weil sie drei Klienten von höchst prominentem Rang vertrat: Gunter Sachs, Elie de Rothschild und Baroness Carmen Thyssen-Bornemisza. Lenz & Staehelin setzte sich vehement für die Anonymität ihrer Kunden ein - die Namen von Sachs und Rothschild hielten die Anwälte über Jahre selbst aus den internen Kundendateien der Offshore-Dienstleister.

Im Fall von Rothschild, der immerhin 18 Trusts auf den Cook-Inseln gegründet hatte, führte das zu einem Portcullis-internen Rätselraten: Einige Kundenbetreuer hatten "sehr sehr reich" und "Familiendynastie" aufgeschnappt und verbreiteten in E-Mails, es handle sich um einen Rockefeller.

Aber auch deutsche Anwälte helfen ihren Kunden bei Offshore-Geschäften. Die deutsche Großkanzlei Beiten Burkardt etwa war bei PTN als "Masterclient" geführt, also als Verwalter der Firmen eigener Kunden. Und interne Emails zeigen, wie sehr sich Beiten Burkardt müht, Mandanten die völlige Anonymität zu bewahren: In dem Beispielfall geht es um eine gewöhnliche 80-Quadratmeter-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in München-Schwabing. Kaufpreis: eine halbe Million Euro.

Der Käufer gründet eigens eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln. Geschäftsführer und Inhaber sind andere Briefkastenfirmen, als Scheindirektoren und Scheinbesitzer. Aber der Münchner Notar, der den Wohnungskauf besiegeln soll, will einen echten Menschen am Ende der Kette.

Nun übernehmen die Anwälte von Beiten Burkardt. Für den anonymen Käufer machen sie sich in den Tarnfirmen von Portcullis auf die Suche nach der Person, die am Ende des wirren Firmennetzes steckt. Nach Wochen bekommt Beiten Burkardt einen Namen: David Chong. Er ist der Geschäftsführer der Firma in der Mitte des Tarnnetzes. Das ist nicht überraschend. Chong ist der Chef von Portcullis.

Das Geschäft findet statt, die Wohnung wird wenige Wochen später schon weiterverkauft. Den Verkäufer der Wohnung hatten die Beiten Burkhardt-Anwälte angeblich damit beruhigt, solche Käufe "schon hundertmal" abgewickelt zu haben.

Sollte die halbe Million ein bisschen gestunken haben - jetzt stinkt sie nicht mehr. Die Kanzlei möchte zu dem Fall keine Auskunft geben. Auch der Käufer mochte sich auf Anfrage nicht äußern.

Verdreifacht man die Zahl der involvierten Anwälte und Scheinfirmen und verzehnfacht die Summen, ist man bei Londoner Verhältnissen angelangt.

Das Gebäude One Hyde Park zum Beispiel, nahe der U-Bahn-Station Knightsbridge, gehört zu den teuersten Adressen der Welt. Die Post wird erst nach einem Röntgencheck ausgeliefert, vor der Tür stehen Sicherheitskräfte, die von Spezialeinheiten der Armee ausgebildet wurden. Fast alle Wohnungen gehören auf dem Papier nicht reichen Familien, Investoren oder Anlegern. Sondern Offshore-Firmen. Nachts ist das Gebäude komplett schwarz, kein Licht brennt in dieser Aprilnacht.

Hier wohnt kein Mensch. Nur geheimes Geld aus den Adern der Steueroasen.

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