Offensive von Bezahlsender Sky Deutschland:Schmidtchen bringt den Anspruch mit

Pay-TV führte in Deutschland bislang eine kümmerliche Existenz. Jetzt versucht Sky Deutschland erneut, aus seinem Nischendasein auszubrechen. Die Zuschauer dürfen sogar Anspruch erwarten - beim Fußball und bei Harald Schmidt.

Hans-Jürgen Jakobs

Markt ist, wenn zwei sich treffen und der eine etwas zu verkaufen hat, der andere aber etwas kaufen will. Jeder, der sich eine Glühbirne, vier Autoreifen oder ein Set Geschirrtücher sucht, wird gegen Abgabe einer bestimmten Geldsumme glücklich werden. Im deutschen Fernsehen läuft das nicht so einfach. Es ist nur ein halber Markt, und auch in dieser Hälfte durchgehend nicht klassisch organisiert - weil hier in der Regel jemand nicht für das zahlt, was er sehen will, sich also nicht so verhält wie Käufer von Glühbirnen, Autoreifen und Geschirrtüchern.

Einen "richtigen" Markt, mit bewusster Nachfrage (in Euro) nach einem bestimmten Angebot, bildet das Fernsehen in Deutschland nur beim Pay-TV, dem Abonnentenfernsehen. Es führt jedoch seit mehr als zwei Jahrzehnten, obwohl ein Monopol, eine bisher kümmerliche Existenz. Das Pay-TV kam in all den Jahren in fast keinem Geschäftsquartal aus den roten Zahlen heraus und lockt heute nicht mal jeden zehnten Deutschen.

Jetzt versucht es der Premiere-Nachfolger Sky Deutschland erneut mit dem Ausbruch aus dem ökonomischen Verlies, mit dem Durchsetzen eines Nachfrager-Anbieter-Modells. Die Aktiengesellschaft aus dem Besitz des New Yorker Medienunternehmers Rupert Murdoch zahlt fast eine halbe Milliarde Euro pro Jahr für die Fußball-Bundesliga, hat sich Spielfilme der Hollywood-Studios en gros gesichert und engagiert Harald Schmidt, den in der ARD und bei Sat 1 grandios - also bei vorhandener Satirekraft - Gescheiterten.

Dieser unerbittliche Beobachter des Zeitgeschehens, dem ein Gefühl für Märkte - und sei es für den eigenen Markt - nicht abzusprechen ist, landet nun bei jenem Fleckchen Fernsehen, auf dem der Wille des Käufers noch etwas zählt, weil er zahlt. Ein Mann allein macht aus dem Entwicklungsgebiet Pay-TV noch keine Boom-Zone, also quasi aus Schmidtchen noch nicht Schmidt, aber die Personalie macht klar, dass ein privatwirtschaftlich organisierter Sender es sehr wohl mit Qualität halten kann.

Geschwätzige Öffentlich-Rechtliche

Es ist doch jetzt schon auffällig, dass Murdochs Laden offenbar von der Bundesliga in einem wohltuend journalistisch-ruhigen Stil berichten kann, der auf alles Clowneske und Geschwätzige der größeren Konkurrenz verzichtet, ohne ökonomischen Schaden zu nehmen. Qualitätsfernsehen ist also nicht auf jene beschränkt, von denen man es am ehesten erwartet - von ARD und ZDF, öffentlich-rechtlich und gebührenfinanziert.

Bei dieser Form des Pay-TV für alle zahlt, wer einen Fernsehapparat oder ein Radiogerät besitzt, künftig sogar, wer ein Dach über dem Kopf besitzt. Die Hauptgründe für die Erfindung der Gebühreneinzugszentrale, deren Abkürzung GEZ ähnlich gefürchtet ist wie von Eltern das Akronym ADHS, haben im Laufe der Zeit gewechselt; geblieben ist die Erwartung, hier werde für die Bevölkerung ein Grundwehrdienst an Information, Kultur und Bildung gegen alles Flache geleistet.

Der drückt sich zur besten Sendezeit abends beispielsweise so aus, dass fünfmal in der Woche ein "Talk" läuft, der längst nicht mehr den Zusatz "Show" verdient, dass jugendliche Vierzigjährige irgendwelche Spielshows moderieren oder aus einer Verzuckerungsanstalt namens Degeto bunte Süßstoffe kommen. Kurzum: Mancher Verantwortliche bei ARD und ZDF verhält sich wie ein Manager des werbefinanzierten Privatfernsehens, das die Kiste vollbekommen muss, damit Werbekunden und Media-Agenturen dafür zahlen. Das Anspruchsvolle wird ins Nachtprogramm oder in einen Spartenkanal abgeschoben.

Das ist das Risiko, aber auch die Chance für einen Betrieb wie Sky. Einerseits ist die Szenerie - wie in keinem Land der Erde - vollgestellt mit Sendern, die als "Free-TV" angeblich frei wie Freibier sind (und die doch ohne GEZ nicht gesehen werden dürfen). Andererseits heißt Fülle in diesem Fall nicht Vielfalt und lässt Platz für Interessantes, das - gut präsentiert - auch gegen Bezahlung Erfolg haben könnte.

Fernsehen in Deutschland ist inzwischen zur Sache von Bürokratien und Hierarchien geworden, von vier Senderfamilien (zwei mit Politikern in den Aufsichtsgremien, zwei ohne), die erst einmal die Zuständigkeiten klären müssen, bevor es losgehen kann. Die richtige Pflege von Programmen kommt dabei oft zu kurz. Harald Schmidt wird darüber sicher einige gute Witzchen machen können.

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