Oettinger:Netzwerker für Digitales

Auf der Hannover-Messe war Günther Oettinger schon oft. Nun, als EU-Kommissar für Digitales, hat er umso mehr Grund dazu, denn IT und Industrie verschmelzen. Es geht um Datenhoheit und was Europa versäumt hat.

Von Elisabeth Dostert, Hannover

Es gibt kaum eine Hannover- Messe, die Günther Oettinger in den vergangenen Jahrzehnten ausgelassen hat. Mittlerweile gehört sie zu seinem Kerngeschäft. Günther Oettinger, ist EU-Kommissar für Digitales, und die Industriemesse, sagt er, sei digital geworden. "Die Innovationen kommen aus dem Digitalen." Da hat Europa viel nachzuholen, vor allem im Vergleich zu den USA. Oettinger wäre kein EU-Kommissar, wäre er nicht auch Optimist. Er sieht das Rennen noch nicht verloren.

In der vergangenen Woche hat die EU-Kommission in Brüssel ihre Pläne vorgestellt, wie sie Wirtschaft, kleine und mittlere Unternehmen, Forschung und Behörden unterstützen will, die neue Technologie optimal zu nutzen. Bislang gebe es viele nationale Vorstöße wie die von Bundesregierung und Industrieverbänden getragene Plattform Industrie 4.0 in Deutschland. Vergleichbare, allerdings weniger "prominente Initiativen" gebe es in vielen Ländern der EU. "Wir wollen das Netzwerk der Netzwerke organisieren", sagt Oettinger. Einen Namen hat es noch nicht. "Ich als Deutscher halte mich bloß zurück, es Industrie 4.0 zu nennen", sagt der EU-Kommissar. Es könne aber sein, dass der Name ohne sein Zutun übernommen werde.

Gemeinsame Standards erst auf europäischer Ebene, dann auch gemeinsam mit den USA hält Oettinger für nötig. Auch im transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP werde es ein Kapitel Digitales geben. Einen Ausbau der digitalen Infrastruktur hält Oettinger für dringend geboten. "Wir stehen vor einer Explosion der Datenmengen, die zu transportieren sind. Wenn wir nicht eine zwölfspurige Autobahn schaffen, werden wir eine Verstopfung erleben und alles, was wir uns ausgedacht haben, wird nicht funktionieren." Derzeit sei die Datenautobahn zweispurig, "zum Teil hat sie eine Überholspur."

Die USA sieht Oettinger als Partner und Wettbewerber. "Die Amerikaner haben großen Respekt vor europäischen und primär deutschem Engineering." In Kreativität und Kapitalkraft der IT-Konzerne seien die USA Europa voraus. "Google kann sich überall einkaufen, wo sie wollen." Der entscheidende Punkte sei allerdings nicht, ob ein Unternehmen Google als Partner habe, sondern ob man von Google oder anderen IT-Konzernen abhängig sei. "Wenn Mercedes oder Scania Google nutzt, aber nicht von Google Maps abhängig wird, und die Daten, die im Auto entstehen, nicht in einer Cloud von Google oder Microsoft landen, sondern Eigentum- und Nutzungsrecht weiter bei Mercedes, BMW oder Conti bleibt", sei ihm auch in einer Partnerschaft nicht bange. Denn auf diese Weise bliebe die Schnittstelle zum Kunden erhalten, und BMW werde nicht zum Zulieferer für Apple oder Google. Die deutsche Industrie sei wach genug, diese Abhängigkeit nicht einzugehen.

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