Österreich:Generalstreik gegen die Rentenreform

Der Österreichische Gewerkschaftsbund bekämpft die von der Regierung beschlossene Rentenpläne mit dem ersten Generalstreik seit mehr als 50 Jahren.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) mobilisierte nach eigenen Angaben mehr als eine Million Arbeiter und Angestellte zu Protesten gegen die von der Regierung geplante Rentenreform. Sie sollen zwar am Arbeitsplatz erscheinen, aber die Zeit zu Diskussionen über die umstrittene Reform nutzen.

Generalstreik dpa

Generalstreik: Sogar auf den Radwegen kam es in Wien zu Staus.

Die von der konservativen ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ gebildete Regierung in Wien will das Rentenalter unter anderem schrittweise auf 65 Jahre anheben und die Frührente abschaffen.

Nahverkehr stillgelegt

Obwohl in den meisten Städten der öffentliche Nahverkehr für Stunden eingestellt wurde, blieb zumindest in Wien das befürchtete große Verkehrschaos aus. "Es ist überraschend ruhig", sagte Thomas Benserer von der Wiener Verkehrsleitzentrale der Nachrichtenagentur AFP. Lediglich am frühen Morgen hätten sich Staus gebildet, rund eine Stunde früher als sonst. Die Menschen würden zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren. Viele Wiener bekundeten dabei ihre Sympathie mit den Demonstranten.

Größer waren die Proteste in anderen Großstädten. In Graz, der zweitgrößten Stadt des Landes, versperrten Demonstranten die Straßen. Im Stadtzentrum von Salzburg kam der Verkehr fast vollständig zum Erliegen.

Bereits in der Nacht zum Dienstag legten Bahnmitarbeiter den kompletten Güterverkehr lahm. Von der zwölfstündigen Streikmaßnahme warnen nach Angaben der Tageszeitung Der Standard insgesamt rund 1.230 Züge betroffen.

Druckerstreik verhinderte Dienstags-Zeitung

Am Morgen blieben in den meisten Städten Busse und Bahnen in den Depots. Die Bürger mussten wegen des Druckerstreiks vielerorts auf ihre Morgenzeitungen verzichten. Die Post wurde wegen Protesten der Angestellten nicht ausgeliefert.

In mehr als 500 Betrieben im ganzen Land legten Beschäftigte die Arbeit nieder. Grenzübergänge nach Ungarn waren vorübergehend ebenso blockiert wie die Hauptzufahrtsstraßen in die Städte.

Die Polizei versah nur einen Notdienst, Banken öffneten verspätet ihre Schalter, die Lehrer gaben keinen Unterricht.

ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch lehnte laut der Online-Ausgabe der Tageszeitung Die Presse die Reformansätze der Regierung rundum ab: "Das ist keine Pensionssicherung, das ist Pensionsraub." Für die Österreicher hatte Verzetnitsch die Botschaft: "Lieber einmal zu spät in die Firma kommen als ein ganzes Leben lang die Pensionen gekürzt."

Der Gewerkschaftsbund plant weitere Maßnahmen, sollte die Regierung nicht einlenken. Die Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat angekündigt, sich von den Protesten nicht von der Rentenreform abbringen zu lassen.

(sueddeutsche.de/AFP/dpa)

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