Ölpreis:Verzweifelte Ölstaaten wollen Förderung einfrieren

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Ein Öltanker löscht seine Ladung in einem Hafen in China (Archiv). (Foto: REUTERS)
  • Die Energie- und Ölminister von Russland, Saudi-Arabien, Venezuela und Katar haben über den niedrigen Ölpreis beraten und eine Einigung erzielt.
  • Das billige Öl führt in Förderstaaten weltweit zu dramatischen Verwerfungen.

Von Vivien Timmler und Jakob Schulz

Je schlechter es Staaten geht, desto größer wird häufig ihre Bereitschaft zu diplomatischen Gesprächen. Der immer weiter sinkende Ölpreis hat nun einen solchen Mechanismus in vielen Ländern ausgelöst. Russlands Wirtschaft geht es schlecht, Venezuela steckt in einer dramatischen Krise. Selbst Saudi-Arabiens Staatshaushalt weist wegen des billigen Öls große Lücken auf.

Vor diesem Hintergrund haben an diesem Dienstag die Energie- und Ölminister dieser Staaten über den Ölpreis beraten. Die Gesprächsrunde gilt als Ausdruck der Bemühungen des Ölförderkartells Opec, dem Preisverfall beim Erdöl zusammen mit Nicht-Opec-Mitgliedern wie Russland entgegenzuwirken. Am Ende des Treffens steht eine Einigung: Die Produktion solle auf dem Niveau vom Januar eingefroren werden. "Das Treffen war erfolgreich", sagt der saudische Ölminister Ali al-Naimi. Nach Bekanntwerden des Treffens und der grundsätzlichen Einigung stiegen die Ölpreise spürbar.

Die Vereinbarung ist den Ministern zufolge jedoch davon abhängig, dass sich andere Förderstaaten in- und außerhalb der Opec ihr anschließen. Und das dürfte schwierig werden. Derzeit drängt Iran als großer Opec-Förderstaat wieder auf den Weltmarkt. Nach dem Ende der Sanktionen hat das Land angekündigt, die Ölproduktion stark zu steigern. Erst am Montag war ein Tanker mit Öl in Richtung Europa abgefahren, der erste seit drei Jahren.

Doch warum sind viele Ölstaaten so verzweifelt? Der Fall Russland

Die russische Regierung ist wegen des Niedrig-Ölpreises extrem unter Druck. Ein großer Anteil des Staatshaushaltes bestreitet das Land aus den Öleinnahmen. Wegen des fallenden Ölpreises musste Russland zuletzt sogar seinen Staatshaushalt drastisch kürzen. Auch der russischen Wirtschaft insgesamt geht es schlecht: Sie ist 2015 um 3,8 Prozent geschrumpft.

Der Rubel hat seit Beginn des Jahres gegenüber Euro und Dollar fast sechs Prozent an Wert eingebüßt, in den vergangenen anderthalb Jahren sogar mehr als die Hälfte seines Wertes. Auch die Bürger bekommen den Ölpreisverfall mittlerweile zu spüren: Die Lebensmittelpreise haben sich im vergangenen Jahr teils verdoppelt, viele Menschen können sich nur noch die nötigsten Dinge des täglichen Bedarfs leisten.

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Venezuela am Abgrund

Noch schlechter sieht es in Venezuela aus. Die Regierung musste im Januar den Wirtschaftsnotstand ausrufen. Das Land hängt zum größten Teil vom Ölexport ab. Außer Öl wird so gut wie nichts mehr gefördert, hergestellt oder exportiert. Allein im dritten Quartal 2015 schrumpfte die Wirtschaft um 7,1 Prozent. Nach offiziellen Angaben liegt die Inflation mittlerweile bereits bei 141,5 Prozent.

Der Niedrig-Ölpreis hat den venezolanischen Staatshaushalt implodieren lassen. Der Staat kann etwa seine großzügigen Subventionen der Benzinpreise nicht mehr aufrechterhalten. Berichte häufen sich, wonach Bürger im Krankenhaus sogar ihre eigenen Medikamente mitbringen müssen. Viele Läden können keine Waren mehr anbieten, den Menschen fehlen Dinge des täglichen Bedarfs. Da die Regierung sich mit Subventionen traditionell die Zuneigung der Bürger erkaufte, könnte sich die Wirtschaftskrise auch in eine politische Krise verwandeln.

Saudi-Arabien unter Druck

Das billige Öl hat auch in Saudi-Arabien eine Lücke in den Staatshaushalt gerissen. Das Königreich hat sich in der Vergangenheit wirtschaftlich stark vom Öl abhängig gemacht. Nahezu drei Viertel seiner Einnahmen generiert Saudi-Arabien aus dem Geschäft mit dem Öl, genau genommen aus der Besteuerung von Gewinnen des Ölverkaufs.

Saudi-Arabien verzeichnet für 2015 bei einem Budget von 240 Milliarden Euro und einer Wirtschaftsleistung von etwa 600 Milliarden ein Defizit von rund 90 Milliarden Euro. Auch das Königreich hält seine Bürger etwa durch Subventionen des Benzinpreises bei Laune - auf Dauer dürfte die Regierung das nicht durchhalten.

© SZ.de/Reuters/AFP/vit/jasch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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