Ölpest im Golf von Mexiko:Die Fehler der anderen

Auch vier Monate nach der Explosion der "Deepwater Horizon" ist die Schuldfrage offen. Die Untersuchung hat bisher nicht einmal klären können, wer auf der Ölplattform das Kommando hatte: BP, Halliburton oder Transocean?

Es hat eine Zeit gedauert, doch nun hat der Chef der US-Küstenwache ein Bild gefunden, das die Ölplattform beschreibt, die im April explodierte. Deepwater Horizon sei vor der Katastrophe ein Stuhl gewesen, der nur noch wackelig auf drei Beinen stehe, sagte Hung Nguyen der New York Times.

Ölpest im Golf von Mexiko: Zwei Tage brannte die Ölbohrplattform "Deepwater Horizon", dann versank sie im Meer. Nach wie vor ist unklar, wer die Verantwortung dafür trägt.

Zwei Tage brannte die Ölbohrplattform "Deepwater Horizon", dann versank sie im Meer. Nach wie vor ist unklar, wer die Verantwortung dafür trägt.

(Foto: AP)

Auch nach dreimonatiger Untersuchung bleibt noch vieles unklar. Vor allem eine Frage treibt die Ermittler um: Wer war am Ende verantwortlich für die Katastrophe? Wer hatte das letzte Kommando auf der Plattform? "Jemand muss doch verantwortlich sein", sagte Nguyen, dessen Behörde zusammen mit dem amerikanischen Innenministerium die Katastrophe untersucht. Seit drei Monaten schon laufen die Anhörungen, die Licht ins Dunkel bringen sollen.

Doch die drei Firmen schieben sich der New York Times zufolge in den Befragungen gegenseitig die Schuld zu: der britische Ölkonzern BP, dem das Bohrrohr gehörte und der die Ölförderplattform geleast hatte, das Unternehmen Transocean, Eigner der Plattform, und der Ölfeldausrüster Halliburton, der den Zement um das Bohrrohr gegossen hatte.

Streit über Absperrventil

Jeder Konzern versuche, den Geschäftspartner verantwortlich zu machen. Ginge es zum Beispiel nach BP, sollten sich die Ermittler an Transocean halten, so die New York Times. BP-Vizepräsident Harry Thierens habe vor dem Ermittlungsausschuss gesagt, dass auf das Konto von Transocean wichtige Zeitverzögerungen gingen. Unmittelbar nach der Explosion seien zwölf bis 24 Stunden vergangen, bis das Unternehmen die Pläne für das Absperrventil gefunden habe. Dadurch sei wertvolle Zeit verlorengegangen, bis versucht werden konnte, das Bohrloch zu schließen. Als das Ventil endlich zur Verfügung gestanden habe, sei es nicht funktionsfähig gewesen. Dafür sei allein Transocean verantwortlich, so BP. Der Plattform-Verleiher habe das Ventil umkonfiguriert.

Transocean habe die Anschuldigungen aber nicht auf sich sitzen gelassen. Die Änderungen am Absperrventil hätten keinen Einfluss darauf gehabt, dass das Ventil nicht funktioniert habe. Außerdem hätten Unterwasser-Roboter den Konfigurationsfehler schon Stunden nach dem Unglück identifiziert. Trotzdem trat ingesamt 86 Tage unkontrolliert Öl aus.

Umgekehrt mache auch Transocean BP Vorwürfe. So habe BP Tage vor der Explosion einen neuen Manager auf der Plattform eingesetzt, der möglicherweise zu wenig Erfahrung für eine solche Aufgabe gehabt hätte. "Wir wussten nicht, wer dieser Mensch war", sagte ein Transocean-Manager dem Houston Chronicle. Der bisherige Manager sei zum Zeitpunkt der Explosion auf einer Fortbildung gewesen.

"Moralisch verwerflich"

Wer wollte wie viele Zentrierer?

Auch Halliburton nähmen die BP-Vertreter ins Visier. Der Konzern habe Sicherheitswarnungen seiner Arbeiter ignoriert, die darauf hingewiesen hatten, dass die Betonabdichtung nicht halte. Dies sei "moralisch verwerflich", so ein BP-Sprecher zur New York Times.

Halliburton wiederum werfe BP vor, dass das Unternehmen darauf bestanden habe, weniger sogenannte Zentrierer zu verwenden, als eigentlich vorgesehen waren. Diese Bauteile sind wichtig, damit das Förderrohr genau mittig bleibt, wenn zementiert wird. 21 Zentrierer hatte Halliburton BP empfohlen, berichtet der Spiegel, BP habe aber nur sechs der Spezialteile eingebaut. Weitere Zentrierer einzufliegen hätte zehn Stunden gedauert - zu lange für die BP-Manager.

Außerdem habe Halliburton BP zwei Tage vor der Explosion darauf hingewiesen, dass der aktuelle Zustand des Zements zu einem Gasaustritt führen könnte. Später strömte wirklich Gas vom Ölfeld nach oben, entzündete sich an einem Funken und löste die Katastrophe aus.

Bis aus den Ermittlungen gegen die Firmen Anklagen erwachsen, könnte noch mehr als ein Jahr vergehen, schreibt die Washington Post. Den Unternehmen drohen hohe Strafzahlungen, den verantwortlichen Managern Gefängnisstrafen.

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