Ölkatastrophe im Golf:Der rapide Verfall des Riesen BP

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Die US-Regierung feuert mit aller Macht gegen BP und will die Ölsteuer gleich vervierfachen. Aber sie ist auf BP angewiesen. Auch der Ölplattform-Eigner Transocean gerät zunehmend unter Druck.

Wird BP die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wirtschaftlich überleben? Der US-Innenminister Ken Salazar spricht bereits von einer "existenziellen Krise für eines der größten Unternehmen der Welt". Die Kosten zur Beseitigung der Folgeschäden dürften immens sein.

Die Beseitigung des Öl wird viel Geld kosten. Wird BP daran zugrunde gehen? (Foto: rtr)

Nun haben auch noch die eigenen Aktionäre den Öl-Konzern verklagt. "Das Deepwater-Desaster hat für BP und seine Tochtergesellschaften finanzielle Konsequenzen, die sich auf Milliarden Dollar belaufen. Diese beinhalten die Haftung für den Schaden an Eigentum, kommerziellen Interessen und an der Tierwelt", heißt es in einer Klageschrift.

Empörung über Transocean

Die Katastrophe hat den Marktwert von BP bereits um 40 Milliarden Dollar geschmälert. Das Gerichtsverfahren im US-Bundesstaat Delaware wurde von dem Privatinvestor Robert Freedman und der Verkehrsbetriebsgesellschaft Southeastern Pennsylvania Transportation Authority (SEPTA) angestrengt.

Empörung richtet sich aber nach Angaben der New York Times auch gegen Transocean - jenes Unternehmen, das die Ölplattform an BP vermietet hat. Der US-Kongress hat die Frage aufgeworfen, ob Transocean möglicherweise bei Wartung und Modifizierung der Ölplattform Fehler gemacht hat.

Das Unternehmen weist jede Verantwortung von sich, doch die Investoren sind verunsichert: Die Aktien brachen am Montag um knapp zehn Prozent ein. Insgesamt hat die Transoceon-Aktie seit der Katastrophe mit gut 40 Prozent noch mehr verloren als die BP-Titel, die rund ein Drittel ihres Werte einbüßten.

Die jüngsten Verluste bei Transocean wurden zusätzlich durch eine von den Demokraten geforderte Untersuchung befeuert: Die Parlamentarier wollen wissen, warum das Unternehmen sich kürzlich entschieden habe, seinen Aktionären eine Milliarde Dollar an Dividenden zu zahlen.

Zugleich wird aber deutlich, wie hilflos die US-Regierung ohne die Konzerne - speziell BP - ist. Die US-Regierung verfüge weder über das notwendige Fachwissen noch über die erforderliche technische Ausrüstung, um das lecke Bohrloch in 1500 Metern Tiefe zu schließen, sagt der Chef der Küstenwache, Admiral Thad Allen. BP beiseite zu schieben würde eine Frage aufwerfen: Wer soll den Konzern ersetzen?".

"Wer soll BP ersetzen?"

Damit reagierte er auf die Äußerungen von Salazar, der den Konzern notfalls von den Aufgaben bei der Bekämpfung der Umweltkatastrophe entbinden wollte. Allen, der die Bemühungen der Regierung gegen die Folgen der Ölpest leitet, hält dies nach eigenen Angaben aber für keine gute Idee. "BP beiseitezuschieben würde eine Frage aufwerfen: Wer soll den Konzern ersetzen?"

Dennoch: Das Weiße Haus steht zunehmend in der Kritik, weil es wenig Kontrolle über den Kampf gegen das ausströmende Öl habe. Bislang sind alle Versuche des BP-Konzerns gescheitert, die Ölpest einzudämmen.

Auch mit Hilfe von Unterwasser-Robotern wurden die Spezialisten dem Öl nicht Herr. Frühestens am Mittwoch will BP einen neuen Versuch starten, das Leck in 1500 Metern Tiefe am Meeresgrund zu verschließen. Schwerer Matsch und Zement sollen dazu in das Bohrloch gefüllt werden.

Ölsteuer soll vervierfacht werden

Allerdings gibt selbst BP-Chef Tony Hayward dem "Top Kill" genannten Verfahren nur eine Erfolgschance von 60 bis 70 Prozent. Unterdessen bereitet der US-Kongress die Erhöhung der Ölsteuer vor.

Nach den Plänen könnte die Abgabe auf 32 Cent pro Barrel steigen, dies wäre eine Vervierfachung. Über einen Zeitraum von zehn Jahren könnten so etwa elf Milliarden Dollar (rund neun Milliarden Euro) zusammenkommen. Das Geld soll in einen von der Küstenwache verwalteten Fonds fließen, der für die Kosten von Reinigungsaktionen in Wasserwegen aufkommt.

Die Explosion der von dem britischen Konzern BP genutzten Bohrinsel Deepwater Horizon hatte am 20. April ein Leck am Meeresgrund verursacht, aus dem seither mindestens 23.000 Tonnen Öl ausgeströmt sind. Einige Experten gehen davon aus, dass bereits mehr als 40.000 Tonnen Öl ausgetreten sind, mehr als bei der bislang schwersten Ölkatastrophe in der US-Geschichte, der Havarie der Exxon Valdez vor der Küste Alaskas im Jahr 1989.

Die Kosten für die Eindämmung der Ölpest und die Entschädigung von Küstenbewohnern belaufen sich nach Angaben von BP schon jetzt auf 760 Millionen Dollar (608 Millionen Euro). Die endgültigen Kosten seien noch nicht abzuschätzen, erklärte der Konzern am Montag.

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