Öl aus Teersanden:"Obama, stoppe die Pipeline"

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Die Teersand-Gegner stehen vor einem Erfolg: Obama wird wohl die Pipeline Keystone XL stoppen.

Von Kathrin Werner, New York

Immer wieder haben sie sich mit ihren Plakaten vor dem Weißen Haus in Stellung gebracht. Mal waren sie nur ein paar Hand voll, mal waren sie Hunderte, einmal wurden 1200 von ihnen dort verhaftet. "Obama, stoppe die Pipeline, oder die Menschen werden es tun", stand auf ihren Plakaten. Jetzt sind sie dem Sieg im Kampf gegen die Keystone-XL-Ölpipeline, die von Kanada in die USA verlaufen soll, so nahe wie nie zuvor. Trans-Canada, das Unternehmen, das die 1900 Kilometer lange Röhre plant, hat eine Aussetzung des Genehmigungsverfahrens beantragt, teilte es am Montag mit. Die Antwort kam prompt: Präsident Barack Obama habe keinerlei Interesse, zu pausieren, er will noch im Laufe seiner Amtszeit eine Entscheidung treffen. Und bislang sieht alles danach aus, als würde Obama Keystone XL nicht genehmigen.

"Dies ist ein bemerkenswerter Moment", sagte Bill McKibben, Amerikas wohl berühmtester Umweltaktivist von der Gruppe 350.org. "In 2011 war Trans-Canada sich so sicher, dass sie die ganze Strecke abgemäht haben. Es war ein fertiger Deal für sie. Aber dann ist er spektakulär unfertig geworden", sagt er. "Jetzt werfen sie das Handtuch." Für Amerikaner ist der Protest gegen die Pipeline so etwas wie für die Deutschen der gegen die Atomkraft: Es ist eine Massenbewegung, die stärkste neue Umweltprotestgruppe der USA. Viele Menschen, die gegen die Pipeline demonstrierten, haben den Eindruck, dass die Öl-Röhre jedem Einzelnen von ihnen die Chance gibt, mit ihren Protesten etwas für das Klima zu tun - Grass Root Movement nennen sie das.

Hintergrund der Proteste ist die Art des Öls, das durch die Pipeline fließen würde. Bei dem Öl aus der kanadischen Provinz Alberta handelt es sich um unkonventionelles Öl aus sogenannten Teersanden. Es zu fördern, verbraucht viel Energie, weil das Öl vom Sand getrennt werden muss - das ist schlecht für die Klimabilanz. Und es ist teuer. Kanadas Ölsand-Produktion wuchs rasant, als der Ölpreis hoch war. Derzeit fördert das Land mehr als vier Millionen Fass Öl pro Tag (ein Fass entspricht 159 Litern), mehr die Hälfte davon aus Ölsanden. Doch um mit den Projekten Geld zu verdienen, muss der Ölpreis bei mindestens 60 Dollar liegen, hat die US-Energieinformationsbehörde EIA ermittelt. Außerdem gibt es ohne Keystone XL nicht genug Transportkapazität, schon in wenigen Jahren dürfte Kanada mehr Öl fördern, als es abtransportieren kann.

Umweltschützer hoffen daher, dass ein Ende der Pipeline die Teersande endgültig unwirtschaftlich machen würde. Als TransCanada im Jahr 2008 die Pipeline beim US-Außenministerium beantragte, erwarteten alle Beteiligten ein schnelles Routineverfahren. Doch Obama, der sich als Klimaschützer präsentierte, zögerte wegen der Proteste. Im Jahr 2013 erklärte der US-Präsident, er werde der Pipeline nur zustimmen, falls sie keine "wesentliche" neue Belastung für das Klima darstelle. Wie sehr die Pipeline das Klima belasten würde, ist umstritten. Es gibt auch Studien, wonach es zu keinen größeren Schäden käme - und eine Pipeline ist ein sicherer, umweltfreundlicherer Transportweg als Lastwagen oder Züge. Umweltschützer erwarten, dass Obama die Pipeline allein wegen ihrer Symbolkraft ablehnt. Sie kritisierten, Trans-Canada wolle das Genehmigungsverfahren nur aussetzen, um den nächsten Präsidenten entscheiden zu lassen. "Es gibt Anlass für den Verdacht, dass da Politik im Spiel ist", sagte Josh Earnest, der Pressesprecher des Weißen Hauses. "Wenn man sich überlegt, wie lang alles schon gedauert hat, kommt mir der Vorschlag, weiter zu pausieren, recht ungewöhnlich vor."

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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