Ökonom Walter malt schwarz:Chefvolkswirte und SED-Bosse

Dampfplauderer mit Hang zum Horrorszenario: Noch bis vor kurzem erklärte Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Walter den Tanz ums goldene Derivate-Kalb als rational.

Kurt Kister

Es ist sicherlich falsch, zu optimistisch zu sein. Wer immer nur daran glaubt, alles werde schon gut, der fühlt sich vielleicht kurzfristig glücklicher, kann aber leider auch umso tiefer fallen. Andererseits ist Deutschland zweifelsohne die Weltzentrale der Nörgler, Besserwisser und Verschwörungs-Blogofanten. So gesehen passt Norbert Walter, der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, hervorragend zu diesem Land. Er gehört zu jenen Talkshow-Dauerinsassen, die für jede Krise ein noch schwärzeres Szenario bereithalten und sich, schon allein weil sie so viel reden, stets darauf berufen können, immer wieder auch mal recht gehabt zu haben.

Norbert Walter ist der Chefvolkswirt der Deutschen Bank. (Foto: Foto: oH)

Nach Walters Prognose soll das Bruttoinlandsprodukt nicht um läppische zwei oder drei Prozent fallen, sondern gleich um fünf Prozent einbrechen. Die Wirtschaft, und das weiß der Professor aus Frankfurt, ist gerade in der Krise für Spökenkiekerei und ökonomische Psychoanalyse besonders anfällig. Es ist hundertmal gesagt worden, aber es stimmt trotzdem: Wichtige Leute aus Banken und Industrie, die nicht aus Verantwortungsbewusstsein warnen, sondern vor den Kameras alarmistisch daherschwätzen, schaden ihrem Arbeitgeber, der Wirtschaft und letztlich dem Land.

Besonders ärgerlich ist die eitle Schwarzmalerei dann, wenn sie von Menschen kommt, die noch bis vor relativ kurzer Zeit den Tanz ums goldene Derivate-Kalb als rationales Wirtschaftshandeln erklärt und Staatsinterventionismus verdammt haben. Zu denen gehörte Norbert Walter. Er erinnert ein wenig an jene SED-Funktionäre, die vor 1989 die DDR betrieben haben, aber nach der Wende wortreich erklärten, warum der Sozialismus scheitern musste.

© SZ vom 25.02.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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