Öko-Industrie:Umweltschutz schafft Jobs wie nie

Lesezeit: 3 min

Fast zwei Millionen Menschen verdienen ihr Geld in Öko-Branchen - die Firmen rechnen trotz Krise mit Zuwachs.

Michael Bauchmüller

Der Umweltschutz wird für die deutsche Wirtschaft zum großen Geschäft. Mehr als 1,8 Millionen Beschäftigte verdienen mittlerweile ihr Einkommen damit - mehr als je zuvor. Das geht aus dem ersten "Umweltwirtschaftsbericht" des Bundesumweltministeriums hervor. Demnach hängt jeder zwanzigste Job in Deutschland an Gütern und Dienstleistungen rund um die Umwelt. Auch dient inzwischen jedes zwanzigste deutsche Industrieprodukt in irgendeiner Form dem Umweltschutz, mit wachsender Tendenz: Allein zwischen 2005 und 2007 wuchs die Produktion um 27 Prozent. Allerdings hat auch die Umweltbranche, vor allem bei Großprojekten wie Windparks, unter der globalen Finanzkrise zu leiden. Für langfristige Öko-Projekte bekommen Bauherren derzeit häufig keinen Kredit.

Ein gutes Geschäft: Mittlerweile verdienen mehr als 1,8 Millionen Beschäftigte ihr Einkommen mit dem Umweltschutz. (Foto: Foto: ddp)

Der Bericht, den Umweltministerium und Umweltbundesamt in diesen Tagen erstmals vorlegen wollen, führt alle Daten zusammen, die zur Wirtschaftsleistung im Umweltbereich derzeit zu haben sind. Danach führt Deutschland weiterhin den Weltmarkt für Umweltgüter an, konnte den Anteil mit 16 Prozent zuletzt sogar weiter ausbauen. "Besondere Stärken weist Deutschland bei der nachhaltigen Energiewirtschaft und bei der Abfall- und Kreislaufwirtschaft auf", heißt es in dem 166-seitigen Dokument, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. "Hier entfällt mehr als ein Viertel des Weltmarktes auf deutsche Unternehmen." In den kommenden Jahren könne das Geschäft noch zulegen. Setzten 2005 Unternehmen weltweit rund eine Billion Euro mit grünen Technologien um, sollen es bis 2020 geschätzte 2,2 Billionen Euro sein. "Davon wird die deutsche Umweltindustrie kräftig profitieren", schreiben die Autoren der Studie.

Gutes Geschäft mit Filtern und Katalysatoren

Vor allem die Maschinenbauer konnten an dem Umweltboom verdienen. Binnen fünf Jahren legten ihre Umweltumsätze um zehn Milliarden auf 31,9 Milliarden Euro zu. Die Unternehmen profitieren vom Geschäft mit erneuerbaren Energien, vor allem mit der Windkraft. Allein hier sind nach Schätzungen des Umweltministeriums 25.0000 Menschen beschäftigt. Schwerpunkt bleibe allerdings die Luftreinhaltung, also das Geschäft mit Staubfiltern, Katalysatoren oder ganzen Filtersystemen - wo allerdings die Zahl der Beschäftigten in den vergangenen Jahren stagnierte. Einen Boom erleben den Zahlen zufolge die so- genannten "umweltorientierten Dienstleistungen": Insgesamt 1,1 Millionen Beschäftigte zählt die Statistik hier. Dazu zählen Handwerker genauso wie das Personal von Bio-Supermärkten, Energieberater ebenso wie Ökobauern. "Die umweltorientierten Dienstleistungen dürften in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen", heißt es in dem Bericht. Bei der Umwelttechnologie wiederum werden den Autoren zufolge Anstrengungen im Klimaschutz für weiteres Wachstum sorgen.

Das Wachstum hat aber offenbar weniger mit gestiegenem Umweltbewusstsein als vielmehr mit schärferen Auflagen, höheren Energiepreisen und staatlichen Zuschüssen zu tun. So fand das Gebäudesanierungsprogramm, mit dem die Bundesregierung die Sanierung alter Häuser fördert, im vorigen Jahr besonders viel Zuspruch - der hohen Energiepreise wegen. In den ersten neun Monaten 2008 gewährte die staatliche Förderbank KfW weit mehr Kredite als im ganzen Jahr 2007. Im Zuge der staatlichen Konjunkturhilfen werden die Mittel noch aufgestockt. Davon profitieren vor allem Handwerker, die nun vermehrt das Geschäft mit dem Energiesparen suchen. "In vielen Gewerken spezialisieren sich Betriebe mittlerweile auf die energetische Sanierung", heißt es beim Zentralverband des Deutschen Handwerks. Werde jetzt auch noch die Sanierung von Schulen gefördert, könne dies dem Handwerk durchaus über die Krise hinweghelfen.

Ziel: Verdopplung der Beschäftigten

Auch Experten des Umweltbundesamtes erwarten durch die Wirtschaftskrise allenfalls eine Delle im Wachstum. "Es spricht sehr viel dafür, dass die Aussichten weiterhin gut bleiben", sagt etwa Andreas Burger, Wirtschaftsexperte beim Umweltbundesamt. "Denn die wesentlichen Herausforderungen bleiben bestehen." Auch Anbieter von Ökoenergie, die allein zum Strom mittlerweile gut 15 Prozent beiträgt, wollen von einer Krise nicht viel wissen. "Wir halten an unserer Wachstumsprognose fest", sagt Björn Klusmann, Chef des Ökoenergie-Verbands BEE. Ziel bleibe eine Verdoppelung der Beschäftigtenzahl bis 2020. "Wir sehen keinen Grund, davon abzurücken." Bis dahin sollen Wind, Wasser und Sonne nach Plänen der Bundesregierung mindestens ein Drittel des deutschen Strombedarfs decken.

Das Bundesumweltministerium sieht mit den Zahlen abermals den Widerspruch zwischen Umweltschutz und wirtschaftlichem Erfolg widerlegt. "Ökologie und Ökonomie können nicht mehr als gegensätzliche Kategorien begriffen werden" , schließt der Bericht.

© SZ vom 16.01.2009/saf/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: