OECD-Bericht:Wie die Krise das Leben der Menschen verändert

*** BESTPIX *** Daily Life In Athens As Greece Prepares To Go To The Polls

Ein junges Paar in Athen. Die Finanzkrise hat Auswirkungen auf das Leben der Menschen, nicht nur in Griechenland.

(Foto: Getty Images)

Sie kriegen weniger Kinder, gehen seltener zum Arzt, werden unzufriedener: Ein Bericht der OECD zeigt die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise. Die zentralen Ergebnisse im Überblick.

Von Nakissa Salavati

Krise bedeutete lange: Milliardenkredite an Pleitebanken und Pleitestaaten. Doch die einbrechende Wirtschaft hatte auch sehr konkrete Auswirkungen auf die Lebensentscheidungen der Menschen: Wollen wir Kinder? Bin ich mit meinem Leben zufrieden? Gehe ich noch zum Arzt, wenn ich krank werde?

Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, hat in ihrem Bericht "Gesellschaft auf einen Blick 2014" untersucht, wie die Krise das Leben der Menschen in den Mitgliedsländern verändert.

Krise und Kinder: Die Geburtenrate in den OECD-Ländern fällt seit 50 Jahren zwar kontinuierlich, in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit hat sich diese Tendenz aber noch verstärkt. Während der Krisenjahre von 2008 bis 2011 bekamen die Menschen in mehr als zwei Dritteln der OECD-Länder - unter anderem in Griechenland, Portugal und Spanien - weniger Kinder.

Krise und Familie: Geht es einer Familie finanziell nicht gut, kann das ein Grund dafür sein, dass sie zerbricht, dass sich mehr Paare scheiden lassen. In Spanien beispielsweise stieg die Scheidungsrate ab 2009 wieder - nachdem sie mehrere Jahre gesunken war.

Krise und Zufriedenheit: In den Jahren 2007 bis 2012 sind viele Menschen in den Industrienationen unzufriedener mit ihrem Leben geworden. Die OECD misst das nicht an objektiven Kriterien, sondern befragt die Bürger. Vor allem in Griechenland, Italien, Portugal und Spanien, aber auch in den USA sank die Lebenszufriedenheit. Die Deutschen hingegen gaben an, zufriedener zu sein als noch vor 2007 und liegen damit knapp vor dem OECD-Durchschnitt. Am zufriedensten sind die Schweizer und die Norweger.

Krise und Gesundheit: In Griechenland sind die Gesundheitsausgaben pro Kopf 2010 und 2011 jeweils um elf Prozent gefallen - von 2000 bis 2009 waren diese noch durchschnittlich um fünf Prozent gewachsen. Eingerechnet werden dabei alle privaten und staatlichen Aufwendungen, die für Gesundheit anfallen. Auch in anderen Ländern, die stark von der Krise betroffen sind, wurde für die Gesundheit der Bürger weniger ausgegeben. Allerdings war der Einbruch etwa in Portugal oder Italien deutlich geringer als in Griechenland. In Deutschland haben sich die Ausgaben der OECD zufolge nicht verändert.

Krise und Solidarität: Haben Sie im vergangenen Monat jemandem geholfen, den Sie nicht kennen? Darauf antworteten im Befragungszeitraum von 2007 bis 2012 mehr Bürger der OECD-Länder mit "ja" (drei Prozentpunkte) als noch in den Jahren zuvor. Besonders hoch war der Anstieg in Finnland und Italien (jeweils etwa 23 Prozentpunkte). In Griechenland hingegen gaben weniger Menschen also noch vor 2007 an (minus fünf Prozentpunkte), einem Fremden geholfen zu haben. Auch der Anteil derjenigen, die sich zwischen 2007 und 2012 ehrenamtlich bei einer Organisation engagiert haben, nahm in Griechenland ab.

Krise und Toleranz: Griechenland fällt auch beim Punkt Toleranz auf. Auf die Frage, ob ihre Stadt oder Region ein guter Lebensort für ethnische Minderheiten sei, antworteten deutlich mehr Griechen also noch vor 2007 mit "nein" (25 Prozentpunkte). In den Krisenländern Spanien und Italien litt die Toleranz zwar ebenfalls, allerdings nicht so deutlich. Auch die Einstellung gegenüber Homosexuellen schätzen die Griechen schlechter ein als vor der Krise.

Die Krise verändert das Leben vieler Menschen negativ - deswegen müsse die Politik gegensteuern, heißt es in dem Bericht der OECD. Sparen Staaten an Bildung, Gesundheit und Unterstützung für Familien, treffe das diejenigen, die ohnehin bereits am stärksten von der Krise betroffen sind: die Armen. Wer pauschal soziale Ausgaben kürze, könnte die Entwicklungschancen ganzer Generationen gefährden.

Linktipp: Wer wissen will, wie sich zum Beispiel die Auswirkungen in Deutschland im Vergleich zu Griechenland äußern, findet hier einen Überblick.

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