Nokia:Retro nur von außen

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Zweimal Nokia 3310: Das Vorbild aus Finnland (links) und seine neue Inkarnation aus China. (Foto: Helmut Martin-Jung)

Die chinesische Firma TCL hat die Rechte von Nokia für das neue Nokia 3310 gekauft. Und die Technik eines Billighandys von heute reingesteckt.

Von Helmut Martin-Jung, München

So wie sie da liegen, das alte unverwüstliche Nokia 3310 und seine Wiedergeburt, keimt ein Verdacht auf. Was wäre, wenn das neue gar nicht die Wiederauflage des alten wäre? Wenn es einfach nur so wäre: Die chinesische Firma TCL hat die Rechte von Nokia für den Namen gekauft. Hat ein Gehäuse entworfen, das zumindest auf den ersten Blick an den legendären Vorgänger erinnert. Hat dann aber die Technik eines Billig-Handys von heute reingesteckt.

Aber warum immer das Schlimmste vermuten? In Wahrheit ist es doch wohl so, dass sich die Smartphone-geplagte Menschheit nichts sehnlicher wünscht als einfache Geräte, die kaum etwas können und einen somit auch nicht jedes Mal mit Sound- und Vibrationsalarmen stören, wenn irgendeine Nervensäge etwas auf Facebook gepostet hat. Dumme Handys anstatt smarter Phones. Doch dafür kann das groß angekündigte neue Nokia (Preis 59,90 Euro) eben wieder zu viel.

Sein Bildschirm ist viel größer als der des Originals, und er zeigt auch Farben an. Außer SMS kann das Handy auch MMS, außerdem lassen sich damit Webseiten abrufen, der für Handys optimierte Browser von Opera ist an Bord. Das Gerät kann Bilder und Videos aufnehmen, wenn auch in bescheidener Qualität. Das neue 3310 bietet zudem einen Schlitz zum Einlegen von Speicherkarten im Micro-SD-Format. Darauf lassen sich Fotos und Videos speichern sowie Musik ablegen. Ein Headset liegt dem Handy bei.

Und das ist immer noch nicht alles: Auch ein UKW-Radio steckt im 3310, obwohl das Gerät nur knapp halb so dick ist wie sein Vorgänger aus der Handy-Steinzeit. Sogar einen automatischen Sendersuchlauf bietet es an, als Antenne dient das Headset. Zum Diktieren kann man es ebenfalls verwenden, Features wie Kalender und Rechner gehören natürlich auch dazu. Last but not least: Spiele, darunter das altbekannte Snake, das auch schon auf dem Ur-Modell lief.

Und schon ist er wieder da, der Verdacht. Das neue 3310 ist eben nicht das Handy für den Smartphone-Verweigerer. Zwar kann es kein Facebook oder Twitter (außer recht umständlich im Browser), aber es enthält doch so viele smarte Funktionen, dass es nichts wird mit dem sogenannten digital detox. Auch mit dem neuen 3310 findet man immer einen Grund, aufs Display zu starren. Nur dass das Display, auf das man starrt, halt etwas kleiner ist.

© SZ vom 27.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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