Nivea:Firmen und Farben

Nivea: Die blaue Dose kennen viele Deutsche von Kindesbeinen an. Den Farbton hat sich Beiersdorf als Farbmarke schützen lassen.

Die blaue Dose kennen viele Deutsche von Kindesbeinen an. Den Farbton hat sich Beiersdorf als Farbmarke schützen lassen.

(Foto: PR)

Die Kosmetikunternehmen Beiersdorf, Hersteller von Nivea, und Unilever streiten vor Gericht über die Verwendung eines besonders begehrten Blautons. Es ist nicht der erste Streit um den Alleinanspruch auf eine Farbe.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Blau ist eine schöne Farbe, finden die Deutschen. 40 Prozent der Menschen in der Bundesrepublik nennen Blau ihre Lieblingsfarbe, da können Rot, Grün und Schwarz nicht mithalten und Zitronengelb schon gar nicht. Blau ist aber auch: eine Farbe voller Missverständnisse. Der strahlend blaue Himmel und das türkisfarbene Meer täuschen das menschliche Auge über ihre in Wahrheit farblose Existenz. Die Farbgestaltung in der Babyabteilung ist auch nur eine Modeerscheinung - jahrhundertelang galt Blau als Frauenfarbe; die meisten christlichen Darstellungen zeigen deshalb die Jungfrau Maria mit einem blauen Umhang. Und Picassos blaue Periode? Die verzückt heute die Kunstkritiker, gründete aber auf einer Phase von Trauer, Depression und Einsamkeit des Malers.

In diesen Tagen ist Blau aber vor allem: ein Thema vor Gericht. Nicht irgendein Blau natürlich, sondern konkret die Variante Pantone 280C. Das ist exakt der Farbton der Nivea-Dose. Und genau das ist auch das Problem.

Es treten auf: Der Kosmetikkonzern Beiersdorf, der die Nivea-Creme und die dazugehörigen Dosen produziert. Und das Konkurrenzunternehmen Unilever, das unter anderem die Pflegeprodukte der Marke Dove vertreibt. Deren Produkte werden von einem Logo geziert, das eine Taube darstellt. Manchmal gibt es auf der Verpackung auch Teile, die blau sind.

Beiersdorf hat bereits im Jahr 2006 das Nivea-Blau als sogenannte Farbmarke eintragen und schützen lassen. Schließlich sei die Nivea-Dose in Deutschland sehr bekannt, da assoziierten viele Menschen mit dem Farbton auch automatisch das Produkt, argumentierte Beiersdorf damals und hatte Erfolg: Pantone 280C sollte fortan im Kosmetikbereich nur von Beiersdorf eingesetzt werden können. Ein Umstand bei dem Konkurrent Unilever sozusagen rot sieht. Schließlich ist das Repertoire an verfügbaren Farben begrenzt, Blau einzusetzen ist zudem aufgrund der Popularität der Farbe für die Unternehmen besonders reizvoll.

Der Streit zieht sich nun schon durch mehrere Instanzen, bislang schien Unilever im Vorteil. Vor allem der Umstand, dass laut Studie 58 Prozent der Verbraucher in Deutschland das Nivea-Blau sofort mit der Nivea-Dose in Verbindung brachten, könnte zu wenig sein, fand das Bundespatentgericht, von einer möglichen Quote von 75 Prozent war die Rede. In dieser Woche aber wurde nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Dort deuteten die Richter an, dass eine einfache Mehrheit ausreichend sein könnte, um Markenschutz zu rechtfertigen. Allerdings könnte die von Beiersdorf vorgelegte Studie unzulässig sein: Denn die Farbkarten mit dem begehrten Blau, die den Verbrauchern vorgelegt wurden, hatten wohl einen weißen Rand - und genau dieser weiße Rand könnte die Assoziation mit dem weiß-blauen Nivea-Logo verstärkt oder überhaupt erst ausgelöst haben, hieß es bei Gericht.

Der fast schon skurril anmutende Streit ist nicht die erste Auseinandersetzung um einen bestimmten Farbton: Derzeit ebenfalls anhängig ist etwa ein Streit zwischen dem Deutschen Sparkassenverband und der spanischen Bank Santander um die Farbmarke Rot: Das Bundespatentgericht wird wohl nach Ostern ein Urteil verkünden. Im Herbst 2014 hat der BGH bereits einen anderen Antrag auf Löschung einer Farbmarke abgeschmettert: Das US-Unternehmen Rosetta Stone ging gegen den Schutz der Farbe Gelb vor, die der Langenscheidt-Verlag für sich beansprucht. Rosetta Stone stellt unter anderem Sprachlern-Software her und wollte die mit einem Farbcode vertreiben, der auch von Langenscheidt für seine Wörterbücher verwendet wird. Die Verwendung von Gelbtönen in diesem Bereich sei "gang und gäbe", hatte Rosetta Stone argumentiert - der BGH gab allerdings Langenscheidt recht.

Im Streit um das Nivea-Blau wird ein Urteil für den 9. Juli erwartet. Möglicherweise wird aber auch noch der Europäische Gerichtshof mit der Frage befasst. Fast möchte man sagen: Der Verlierer wird sich schwarz ärgern.

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