Niki Lauda:Glücksvogel

Laudamotion in Düsseldorf

Niki Lauda hat nie verwunden, dass Air Berlin Niki übernommen und aus seiner Sicht „zerstört“ hat. Jetzt bot sich eine zweite Chance.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Dem früheren österreichischen Rennfahrer gelingt die Überraschung: Er verkauft die Mehrheit an seiner neuen Airline an Ryanair - eine Kampfansage an Lufthansa.

Von Jens Flottau, Toulouse

Das Schicksal von Niki Laudas neuester Airline Laudamotion schien ziemlich klar definiert zu sein. Irgendwie würde Lauda es wohl schaffen, Ende März die ersten Flugzeuge in die Luft zu bringen. Er würde einen Teil seiner Flotte im Auftrag von Thomas Cook fliegen und, mit viel Glück und gnädiger Unterstützung der Kartellwächter, vielleicht auch noch für Eurowings ein bisschen Sommerprogramm fliegen. Aber dann? Was wird im kommenden Winter, wenn niemand zusätzliche Kapazität braucht? Und was im übernächsten Sommer, wenn Eurowings und Condor zusätzliche eigene Maschinen gefunden haben werden?

All diese existenziellen Gedanken müssen sich Niki Lauda und seine Mitarbeiter seit Dienstagvormittag nicht mehr machen. Denn da gab Europas größte Billigfluggesellschaft Ryanair bekannt, dass sie sich an Laudamotion beteiligen werde und damit doch noch auf sehr verschlungenen Umwegen einen Teil aus der Air Berlin-Insolvenzmasse aufgreift. Beide Unternehmen vereinbarten den Verkauf von 24,9 Prozent von Laudamotion an Ryanair. Dieser Anteil soll auf 75 Prozent aufgestockt werden, wenn die EU-Wettbewerbsbehörden Kauf genehmigen.

Für Niki Lauda ist der Einstieg ein Segen. Existenzsorgen muss er sich vorerst keine mehr machen

Ryanair bezahlt nach eigenen Angaben "weniger als 50 Millionen Euro" für die kleine Fluggesellschaft, legt aber noch einmal 50 Millionen oben drauf, um die Anlaufkosten im ersten Jahr zu finanzieren. Knapp 100 Millionen Euro für eine gerade gegründete Airline in einem europäischen Nischenmarkt sind eine Menge Geld, auch für die reiche irische Ryanair.

Mindestens 30 Flugzeuge soll Laudamotion nach drei Jahren betreiben, und damit ist die Entscheidung für die Konkurrenten im deutschen und österreichischen Luftverkehrsmarkt beachtlich. Wien entwickelt sich immer mehr zu einem Kampfplatz für Billigfluggesellschaften, was keine guten Nachrichten für die Lufthansa-Tochter Austrian sind. Lauda selbst findet, dass Laudamotion sich nun als starker Mitbewerber behauptet und rasch und nachhaltig wachsen kann.

Während für Niki Lauda der Einstieg von Ryanair ein unverhoffter Segen ist, da sich die Existenzsorgen seiner Airline damit erledigt haben, ist nicht ganz so offensichtlich, warum Ryanair den Schritt tut. Erst vor wenigen Tagen äußerte sich Airline-Chef Michael O'Leary in Brüssel skeptisch, was die weitere Konsolidierung des Billigflugsektors in Europa angeht. Ryanair und Easyjet seien schon jetzt so groß, dass jeder weitere Schritt von den Wettbewerbshütern sehr kritisch gesehen werde. "Wir haben mehrfach versucht, Aer Lingus zu übernehmen und es wurde uns nicht erlaubt", klagte O'Leary. Nun versucht er es in Österreich dennoch.

Nach der Pleite von Air Berlin im August 2017 hatte auch O'Leary ein Auge auf Unternehmensteile geworfen. Mögliche Übernahmen verfolgte Ryanair dann aber letztlich nur halbherzig. Als der Air Berlin-Insolvenzverwalter die damalige österreichische Tochter Niki im Herbst vergangenen Jahres an Lufthansa verkaufte, war Ryanair schon nicht mehr in der Finalrunde. Lufthansa zog ihr Kaufangebot später zurück, Niki meldete Insolvenz an und stellte den Flugbetrieb ein.

Als die Airline dann von der Wiener Insolvenzverwaltung erneut verkauft werden sollte, war neben Lauda und International Airlines Group (IAG - die Muttergesellschaft von British Airways) auch wieder Ryanair interessiert. In einer nächtlichen Marathonsitzung stellte sich heraus, dass Lauda bereit war, mit Abstand am meisten zu zahlen. Lauda hat nie verwunden, dass Air Berlin seine Niki übernommen und aus seiner Sicht "zerstört" hat. Diese zweite Chance wollte er sich nicht entgehen lassen.

Aber auch O'Leary sieht in Laudamotion offenbar eine Chance, erstmals in der Geschichte von Ryanair eine andere Airline übernehmen zu können. Das alleine ist noch kein Wert an sich. Doch für ihn ist Laudamotion in einer strategisch interessanten Gegend Europas angesiedelt. Ryanair hat sich in Deutschland und Österreich immer schwerer getan als in Spanien oder Italien, wo die Airline Marktführer ist. Zudem hat Ryanair massive Schwierigkeiten, weiter zu wachsen, vor allem, weil die Airline nicht schnell genug Piloten anstellen und schulen kann. Da bietet es sich an, mit Laudamotion ein kleines zweites Standbein aufzubauen. Wegen der finanziellen Unterstützung von Ryanair könnte Laudamotion in einem Markt, der mit Austrian und Swiss von der Lufthansa-Gruppe und ihren Hochpreistickets dominiert wird, rasch wachsen.

Nach derzeitigem Stand der Dinge wird Laudamotion als Ryanair-Tochter ein separates Unternehmen bleiben. Niki Lauda soll den Verwaltungsrat anführen, das aktuelle Management bleibt laut O'Leary im Amt. Lauda selbst plant, im Sommerflugplan 2018 voraussichtlich 15 Maschinen zu betreiben - fünf davon mit Standort Düsseldorf. Trotz der knappen eigenen Kapazitäten stellt Ryanair dem neuen Ableger sechs weitere Jets inklusive Besatzungen zur Verfügung - die Laudamotion-Flotte beträgt damit insgesamt 21 Flugzeuge.

Das Geschäftsmodell der neuen Airline bleibt aber weiterhin unklar. Thomas Cook-Tochter Condor bestätigte am Dienstag, dass ein erst vor wenigen Wochen geschlossenes Kooperationsabkommen mit Laudamotion weiter gelte. Condor hilft dabei, die operativen Funktionen aufzubauen und die Flüge zu vermarkten. Außerdem kauft Condor, die selbst stark wachsen will, Sitzplatzkontingente auf den Lauda-Jets. Auch Eurowings will offenbar weiterhin Laudamotion-Maschinen anmieten. O'Leary spricht davon, Ryanair wolle gemeinsam mit Lauda "seine Vision einer erfolgreichen österreichischen Low Fare Airline für den Linien- und Chartermarkt entwickeln". Das deutet darauf hin, dass das Ryanair-Modell nicht komplett übertragen werden soll. Drei Jahre will Ryanair dem neuen Partner dafür Zeit geben - dann soll Laudamotion Gewinne schreiben.

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