Nigeria:Die Geschäfte eines Playboys

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Panama Papers enthüllen: Kolawole Aluko und ein Freund sollen beim Verkauf von Rohöl den nigerianischen Staat um 1,7 Milliarden Dollar betrogen haben.

Von Will Fitzgibbon und Katrin Langhans

Als die amerikanische Sängerin Beyoncé Knowles im September vergangenen Jahres an der Westküste Italiens entlangsegelte, Schaumwein trank und in die Kamera lächelte, konnte sie nicht ahnen, dass die Yacht, auf der sie reiste, wenige Monate später in den Gerichtsakten eines Öl-Milliarden-Skandals auftauchen würde. Und dass der Besitzer des Schiffes, Kolawole Aluko, schon bald von der nigerianischen Regierung angeklagt und der Besitz an der Yacht per Anordung eingefroren wurde.

Beyoncé schipperte mit Jay-Z auf der 65 Meter langen privaten Luxusyacht Galactica Star über das Mittelmeer, ausgestattet mit eigenem Jacuzzi, Beachclub und zahlreichen ausladenden Sonnendecks. Ein Trip, der die beiden Medienberichten zufolge einige Hunderttausend Dollar Miete für eine Woche gekostet haben soll.

Der Ölmogul hängt mit Naomi Campbell oder mit Leonardo di Caprio ab

Die Galactica Star gehört zu der Kategorie Luxusyacht, deren Besitz sich nur Multimillionäre leisten können. Kolawole Aluko soll 50 Millionen Dollar für sie bezahlt haben. Er gehört zu den wohl bekanntesten Geschäftsmännern Nigerias und wurde vor wenigen Jahren vom Forbes-Magazin zu den 40 reichsten Männern Afrikas gezählt. Aluko ist in Nigeria bekannt als Playboy, der mit Stars wie Naomi Campbell oder mit Leonardo DiCaprio abhängt und als Ölmogul, der gute Beziehungen zur ehemaligen Ölministerin haben soll. Seine Geschäfte sind umstritten: Gelder, die dem Land zustehen, sollen in seine eigene Tasche geflossen sein.

Die nigerianische Regierung beschuldigte Aluko und einen weiteren Geschäftsmann 2016 vor einem nigerianischen Gericht, er habe mithilfe von zwei Firmen das Land um mehr als 1,7 Milliarden Dollar betrogen und sich nicht an Absprachen gehalten. Die Vereinbarung mit der Regierung Nigerias war laut Gerichtsakten wie folgt: Die Firmen dürfen Rohöl verkaufen, müssen aber einen Anteil der Gewinne an die Regierung abtreten. Die Praxis soll ganz anders ausgesehen haben: Das Rohöl wurde verkauft, die vereinbarten Anteile aber nicht in die Staatskasse gespült.

Die Gelder, so steht es in den Gerichtsakten, sollen in das Privatvermögen der Angeklagten geflossen sein, in Unternehmen und Offshore-Konten. Man habe die Befürchtung, dass die Angeklagten ihre Wertgegenstände vorm staatlichen Zugriff in Sicherheit bringen könnten, ohne das Loch in der Staatskasse vorher zu stopfen. Der Federal High Court of Nigeria ordnete an, Vermögensgegenstände der Angeklagten einzufrieren: 15 Häuser unter anderem in Los Angeles, Dubai, New York und der Schweiz, drei Flugzeuge, eine Auto- und eine Uhrensammlung - und die Luxusyacht Galactica Star, auf der Beyoncé und Jay-Z über das Mittelmeer segelten.

(Foto: N/A)

1,7 Milliarden Dollar. Das ist viel Geld, besonders in einem Land, in dem die Menschen gerade einmal im Schnitt 1,25 Dollar am Tag zum Leben haben. Mit den fehlenden Geldern könnte man das Durchschnittseinkommen aller Einwohner der Hauptstadt Abuja ein Jahr lang mehr als verdoppeln.

Nigeria verfügt über große Öl- und Gasvorkommen, die Haupteinnahmequellen des Landes sind. Das Problem: Durch illegale Geschäfte verliert Nigeria Expertenschätzungen nach so viel Geld wie kein anderes Land Afrikas. Die Hilfsorganisation Oxfam schätzt, dass in Nigeria zwölf Prozent vom Bruttoinlandsprodukt korrupten Deals zum Opfer fällt. Das gehe vor allem zulasten der Geringverdiener.

Für die Elite scheint Korruption an der Tagesordnung zu sein: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young fand heraus, das 90 Prozent der nigerianischen Manager Betrügereien für üblich halten.

"In dieser Firma wissen die Leute, dass es lästig ist, mit Nigerianern zu tun zu haben."

In den Panama Papers haben Reporter des Internationalen Consortiums für Investigative Journalisten (ICIJ) Spuren zu nigerianischen Geschäftsmännern, Gouverneuren, Militärbeamten, Stammesführern und Kabinettsministern gefunden. Die Kanzlei Mossack Fonseca, die im Mittelpunkt der Panama-Papers-Enthüllungen steht, betreute allein drei ehemalige Ölminister, die ausweislich der Daten Scheinfirmen nutzen, um Boote zu kaufen oder Häuser in London. Laut einem Bericht des Recherchepartners Premium Times hat das nigerianische Code of Conduct Bureau, das im Namen Nigerias Korruption untersucht, angekündigt, die Geschäfte und Firme einiger Nigerianer, die in den Panama Papers auftauchen, zu durchleuchten.

Es ist zwar nicht per se illegal, eine Briefkastenfirma zu besitzen, oft aber sind sie ein beliebtes Vehikel, um Besitz zu verschleiern. Afrika trifft Steuervermeidung besonders hart: Die Gelder, die mithilfe von Finanztricks aus dem Kontinent geschleust werden, sollen höher sein, als die Entwicklungshilfe, die in Afrika investiert wird. Das ergeben Schätzungen der Plattform "Tax Justice Network Africa".

Im Fall des Ölmogul Aluko sind es Spuren zur ehemaligen Ölministerin, die Fragen aufwerfen.

Den Daten nach war Aluko der Besitzer von mindestens vier Offshore-Firmen. Eine von ihnen, die Earnshaw Associates Limited, wurde im April 2010 auf den Britischen Jungferninseln registriert, wenige Wochen nachdem Alison-Madueke zur Ölministerin des Landes wurde. Vier Jahre später registrierte Aluko ausweislich der Daten über die Scheinfirma einen Bombardier Global Express Jet in Malta. Es ist das gleiche Flugzeug-Modell, das die ehemalige Ölministerin Alison-Maeduke nigerianischen Medien zufolge während ihrer Amtszeit genutzt haben soll.

Schiffseigner Aluko steht gerade vor Gericht: Die Angeklagten sollen bei Ölgeschäften 1,7 Milliarden Dollar für sich abgezweigt haben. (Foto: Didier Baverel)

In afrikanische Medien wurde Aluko bereits in der Vergangenheit als wichtiger Verbündeter von Alison-Madueke beschrieben. Eine Verbindung, die beide bisher öffentlich abgestritten haben. In die öffentliche Diskussion gerieten sie 2011 mit Rohölgeschäften. Aluko soll als Mitbesitzer der Firma Atlantic Energy durch die nigerianische Regierung an die Mehrheitsbeteiligung von zwei wertvollen Ölfeldern gelangt sein, ohne dass die Felder öffentlich ausgeschrieben worden waren.

Die ehemalige Ölministerin Alison-Madueke war für ein Statement nicht zu erreichen. Aluko sagte auf Anfrage des ICIJ, die Informationen, wie seine Firma die Ölverträge erhalten habe, seien "fehlgeleitete" Spekulationen. Die ehemalige Ölministerin Alison-Madueke war noch bis zum vergangenen Jahr im Amt. Sie hielt sich aufgrund einer Krebsbehandlung im Oktober in London auf, wo sie wegen des Verdachtes auf Geldwäsche und Bestechungen von der Polizei verhört wurde.

Die National Crime Agency, die organisierter Kriminalität in Großbritannien nachgeht, schreibt auf Anfrage der SZ, man könne derzeitige Untersuchungen "weder bestätigen noch verneinen". Die Frage, welche Rolle Aluko in den Untersuchungen spielt, bleibt unbeantwortet.

Die Verstrickungen von Aluko in vermeintlichen Betrug, erreichten irgendwann auch die Kanzlei Mossack Fonseca. Dort konnte sich Aluko jahrelang als Kunde halten, obwohl sogar auf Chefebene bekannt war, dass nigerianische Kunden ein Risiko darstellen: In einer E-Mail kommentierte Jürgen Mossack, einer der Leiter der Kanzlei, vor wenigen Jahren einen Klienten mit dem Satz: "In dieser Firma wissen die Leute, dass es lästig ist, mit Nigerianern zu tun zu haben", weil man Betrug und Verbrechen nicht ausschließen könne.

Mossack Fonseca reagierte nicht auf konkrete Fragen der SZ. Dem ICIJ teilte die Kanzlei in einem allgemeinen Schreiben mit, man halte sich an Gesetze.

2015 wurde die Kanzlei durch eine Anfrage der Financial Investigation Agency (FIA) aufgeschreckt. Die FIA prüft, ob Kanzleien alle nötigen Informationen über die Firmen vorliegen, die sie vertreten. Mossack Fonseca teilte der Behörde in einem Schreiben mit, dass Kolawole Aluko der Besitzer der Earnshaw Associates Limited sei, man aber über die Vermögenswerte und Bankkonten "keine Informationen" hätte. Über den Jet, der etwa ein Jahr zuvor ausweislich der Dokumente über die Firma gehalten wurde, stand nichts in dem Schreiben. Er wurde von Mossack Fonseca offenbar verschwiegen.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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