Neuer Karstadt-Besitzer René Benko:Wie eine Heuschrecke

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René Benko in Wien. (Foto: dpa)

René Benko, der neue Eigentümer von Karstadt, versteht viel vom Handel mit Immobilien. Aber versteht er auch etwas davon, Kniestrümpfe und Toaster unters Volk zu bringen? Nein. Und das entscheidende Argument liefert ausgerechnet jener Mann, der sich von Karstadt holterdiepolter verabschiedet hat.

Kommentar von Ulrich Schäfer

René Benko, der neue Eigentümer von Karstadt, versteht viel vom Handel - vom Handel mit Immobilien. Aber versteht er auch etwas davon, Kniestrümpfe und Mieder, Toaster und Hifi-Anlagen unters Volk zu bringen? Wenn man sich die Vita des Österreichers anschaut, dann kann man so seine Zweifel bekommen. Benko, der 37-jährige Innsbrucker, hat in den vergangenen 15 Jahren eine beachtliche Sammlung an Immobilien aufgebaut, anfangs in Österreich, seit Jahren auch in Deutschland.

Das Prinzip ist klar: Benko kauft am liebsten Häuser in besten, ach was, in allerbesten Lagen. Er entwickelt die Standorte, renoviert sie, verleiht ihnen neuen Schick. Und verdient danach prächtig an den Mieteinnahmen. Das ist nicht verwerflich, so machen es andere auch.

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Die entscheidende Frage ist: Kann ein Immobilienentwickler wie Benko ein Unternehmen wie Karstadt retten? Kann einer wie er das Unmögliche schaffen - und die These widerlegen, dass es in Deutschland in Zeiten des Internets und der Outlet-Center zu viele Kaufhäuser gibt?

Was nun auf Karstadt zukommt

Nein, das kann er nicht. Und das entscheidende Argument liefert ausgerechnet jener Mann, der sich nun als Eigentümer von Karstadt holterdiepolter verabschiedet hat: Nicolas Berggruen. "Niemand kann ein Unternehmen auf Dauer gegen die Gesetze der Ökonomie führen", sagte Berggruen der Bild-Zeitung, nachdem er das Unternehmen Karstadt für einen Euro an Benko verkauft hatte.

Die Gesetze der Ökonomie: Wenn man sie anlegt, ist es recht klar, was nun auf Karstadt zukommt - eine harte, eine bittere Sanierung. Benko wird Filialen schließen, Mitarbeiter entlassen und all jene harten Einschnitte vornehmen, die Berggruen vermieden hat. Er wird - das hoffentlich auch - investieren, aber eben nur in jene Standorte, die sich wirklich lohnen, in die Bestlagen, in Häuser mit den großen Umsätzen. Am Ende, davon kann man ausgehen, werden sicher ein Viertel der jetzigen Karstadt-Häuser verschwinden - darunter aller Voraussicht all jene Häuser, die schon jetzt nicht profitabel sind. Treffen wird das vermutlich insbesondere kleinere Städte wie Bottrop, Iserlohn oder Siegen, Bürgermeister und benachbarte Einzelhändler werden aufjaulen und warnen, dass den Innenstädten die Verödung droht, wenn das größte Geschäft am Platze schließt.

Aber Benko wird sich dadurch wohl nicht beirren lassen. Er wird - den Gesetzen der Ökonomie folgend - schauen: Was rechnet sich? Was nicht? Er wird hierbei wie ein Private-Equity-Investor vorgehen: Auch die Manager der Heuschreckenfirmen verstehen viel davon, kranke Unternehmen mithilfe der von ihnen eingesetzten Manager zu sanieren - aber sie sind nicht immer die Experten für jene Branchen, in denen sie sich engagieren. Heißt: Sie wissen, wie man den Wert eines Unternehmens mehrt, wie man aus einer notleidenden Firma wieder einen Betrieb macht, der Gewinne abwirft. Und vor allem: wie man diesen nach ein paar Jahren mit Gewinn verkauft.

Es wird teuer für den neuen Eigentümer

Auch für Benko, den Nicht-Kaufhaus-Mann, könnte solch eine Strategie sinnvoll sein. Zumal er im Vergleich zu einem klassischen Private-Equity-Investor einen großen Vorteil hat: Er musste sich, um Karstadt zu kaufen, nicht hoch verschulden. Finanzinvestoren bürden die Schulden, die sie aufnehmen, um eine Firma zu kaufen, gerne ebenjener Firma auf, die sie erwerben. Das ist bei Karstadt nicht nötig. Denn Benko und seine Signa-Holding zahlten nur einen Euro.

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Die Politik hofierte Nicolas Berggruen, als er vor vier Jahren die Kaufhäuser von Karstadt übernahm. Damit fingen die Probleme mit dem Mann an. Kommt nun der Retter? Es gibt Gründe, weshalb man vom neuen Eigentümer aus Österreich ebenfalls nicht zu viel erwarten sollte.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Teuer wird es für den neuen Eigentümer dennoch. Denn um Karstadt zu sanieren, muss Benko gleich zweimal Geld in die Hand nehmen. Zum einen könnte es viele Hundert Millionen Euro kosten, die guten Karstadt-Standorte in große Einkaufszentren umzubauen - nach dem Vorbild des von ihm geschaffenen, mit Markenhändlern bestückten Kaufhaus Tyrol in Innsbruck. Zum anderen muss er, wenn er Häuser schließt, Sozialpläne finanzieren - und vor allem die Pflichten aus den existierenden, oft sehr langfristigen Mietverträgen erfüllen.

Und dann? Wenn Karstadt saniert ist, könnte der Investor Benko - dem Vorbild der Private-Equity-Firmen folgend - im nächsten Schritt zukaufen und das Geschäft konsolidieren. Er könnte also den Kaufhof erwerben. Und am Ende, Schritt drei, könnte er den Ausstieg suchen - und die sanierte, fusionierte Deutsche Warenhaus AG in ein paar Jahren mit Gewinn verkaufen. Entweder an einen anderen Investor oder über die Börse.

So oder ähnlich könnten im Fall Karstadt die Gesetze der Ökonomie funktionieren. Am Ende könnte von Karstadt, wie man es heute kennt, nur ein kleiner, exklusiver Kern übrig bleiben.

© SZ vom 19.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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