Neuer Großaktionär:Klare Ansage an Air Berlin

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"Der Markt ist hart in Deutschland, nicht nur für Air Berlin": Der neue Großaktionär der Fluggesellschaft will sich nicht mehr mit seiner Rolle als Geldgeber zufriedengeben. Etihad-Chef James Hogan macht Druck, fordert von den Deutschen eine neue Strategie - und eine Allianz mit dem Rivalen Air France.

Jens Flottau, Abu Dhabi

Die arabische Fluggesellschaft Etihad Airways drängt Air Berlin zu einer Allianz mit Air France. "Die Gespräche laufen sehr gut", sagte Etihad-Chef James Hogan der Süddeutschen Zeitung. "Wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt, dann wären wir erpicht darauf", dass Air Berlin auch mit Air France Gemeinschaftsflüge anbiete.

Zwei verschiedene Airlines, zwei Uniformen - aber eine gemeinsame Strategie. Die Flugbegleiterinnen im Bild arbeiten für Etihad Airways (links) und Air Berlin. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Etihad Airways war Ende 2011 bei der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft eingestiegen und hatte dem klammen Unternehmen damals ein Darlehen von fast 200 Millionen Euro zugesagt. Weitere Gelder soll es trotz der finanziellen Lage der Deutschen nicht geben. "Air Berlin braucht keinen weiteren Kredit von uns", wies Hogan Spekulationen über weitere Hilfen zurück. Statt auf Kredite setzen die Araber auf neue strategische Weichenstellungen der Deutschen: Air Berlin hatte sich noch vor dem Einstieg von Etihad für den Beitritt in die Oneworld-Allianz entschieden, der unter anderem der Air-France-Rivale British Airways angehört.

Ein Schritt, der wegen der hohen Kosten und der relativ wenigen Vorteile von Anfang an umstritten war - vor allem, nachdem Etihad im Dezember 2011 einen Anteil von rund 29 Prozent an Air Berlin kaufte. Hogan macht keinen Hehl daraus, was er von Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn erwartet: "Oneworld ist sekundär", sagte er. Der Manager setzt künftig stärker auf bilaterale Partnerschaften als auf große Allianzen wie Oneworld, Skyteam und Star Alliance.

Hogans Hoffnung: Der neue Strategie- und Netzchef Wolfgang Prock-Schauer. Der Ex-Chef der früheren britischen Lufthansa-Tochter BMI und der indischen Jet Airways ist seit Oktober in der Air Berlin-Führung. "Prock-Schauer ist ein großartiger Netzplaner, und das Netz muss erneuert werden", so Hogan. Für ihn sei Air Berlin daher "eine Airline im Übergang".

Angesichts der zuletzt immer schlechteren Zahlen gibt sich der Etihad-Chef aber optimistisch. Air Berlin werde "in den nächsten zwölf bis 18 Monaten wieder in die Gewinnzone zurückkehren", glaubt Hogan. "Der Markt ist hart in Deutschland, aber nicht nur für Air Berlin." Er kritisiert die Anfang 2011 eingeführte Luftverkehrssteuer, die die Lage der Fluggesellschaften noch schwieriger mache. Die Air-Berlin-Führung wisse aber auch, "dass sie harte Entscheidungen treffen muss". Welche genau, ließ Hogan offen. Die Entscheidung über einen Nachfolger für Air Berlin-Chef Hartmut Mehdorn, der spätestens Ende 2013 aufhören wird, werde im Verwaltungsrat gemeinsam getroffen. Ob er den gelobten Prock-Schauer für einen geeigneten Kandidaten hält? Eine Frage, die Hogan nicht näher erläutern will.

Drehkreuz für Langstreckenverbindungen

Etihad selbst hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal einen kleinen Gewinn von 14 Millionen Dollar eingeflogen, zuvor waren aber nach Einschätzung von Branchenkennern Verluste in Milliardenhöhe aufgelaufen. Hogan legt sich nicht fest, ob das Unternehmen in diesem Jahr schwarze Zahlen einfliegen wird. Dies sei möglich, wenn das vierte Quartal gut verlaufe. Hogan rechnet für 2012 mit einem Umatz von knapp fünf Milliarden US-Dollar. 2013 sollen es dann bereits 6,5 Milliarden sein.

Das Emirat Abu Dhabi hatte die Fluggesellschaft 2004 gegründet, um nach dem Vorbild des Nachbarn Dubai und Emirates ein Drehkreuz für Langstreckenverbindungen aufzubauen. Etihad soll dabei helfen, die weiterhin stark vom Ölgeschäft abhängige Wirtschaft zu diversifizieren und Abu Dhabi in ein wichtiges Handelszentrum zu verwandeln. Daher erweitert das Emirat auch den internationalen Flughafen. In fünf Jahren soll ein neues Terminal fertig sein, das die Kapazität auf knapp 50 Millionen Passagiere (von derzeit zwölf Millionen) erhöht. Weil auch in Doha/Katar im kommenden Jahr ein neuer Flughafen eröffnet wird und in Dubai der "World Central Airport" ausgebaut wird, befürchten die europäischen Fluggesellschaften, dass Etihad, Qatar Airways und Emirates immer mehr Verkehr über ihre Drehkreuze abziehen werden.

Etihad wird bis Jahresende eine Flotte von rund 71 Flugzeugen betreiben. Im Jahr 2014 übernimmt die Airline den ersten von insgesamt zehn Airbus A380. Mittelfristig soll die Flotte auf rund 150 Maschinen wachsen.

Hogans Plan: Air Berlin soll stärker als Zubringer für die eigenen Langstreckenverbindungen nach Abu Dhabi genutzt werden*. Was den schwächelnden innereuropäischen Verkehr angeht, will sich Hogan heraushalten. Dieses Problem zu klären sei Aufgabe des Air Berlin-Managements, sagte er. Etihad selbst könnte aus Deutschland heraus auch Langstreckenflüge auf den stark nachgefragten Nordamerikastrecken anbieten, denn das bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten sieht diese Möglichkeit vor. Eine Drohung? Hogan betont jedenfalls, er habe "keine Absicht", dies auch zu tun.

Was die Langstrecken angeht, so soll der Asienverkehr weitgehend über Abu Dhabi geführt werden, die Nordatlantikstrecken soll Air Berlin bedienen. Etihad werde auf den Gemeinschaftsflügen nur seine Flugnummer hinzufügen und so die Verbindungen mit vermarkten.

*Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle stand früher Doha - das ist nicht korrekt. Die Verbindungen gehen via Abu Dhabi.

© SZ vom 04.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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