Neuer Großaktionär bei Chrysler-Interessent:Russen steigen bei Magna ein

Der russische Milliardär Oleg Deripaska stärkt den austrokanadischen Autozulieferer bei den Kaufverhandlungen mit DaimlerChrysler über die US-Sparte Chrysler Group.

Daniel Brössler und Michael Kuntz

Beim Autosalon in Genf Ende Februar machte bereits als Gerücht die Runde, was jetzt aus Kanada offiziell vermeldet wird: Der russische Milliardär Oleg Deripaska greift Magna-Großaktionär Frank Stronach unter die Arme. In Genf hatte Stronach noch abgewiegelt: Nichts.

Doch der aus Österreich stammende, seit Jahrzehnten in Kanada verwurzelte Unternehmer kann eine Kapitalspritze derzeit gut gebrauchen. Magna macht ein Drittel seines Umsatzes mit Chrysler, dem Tochterunternehmen des deutsch-amerikanischen Konzerns DaimlerChrysler, das für das vergangene Jahr mehr als eine Milliarde Euro Verlust auswies.

Die Probleme von Chrysler sind also in gewissem Umfang auch Probleme von Magna, heißt es in der Automobilindustrie.

Alle Optionen offen

Magna könnte sich in dieser Situation eventuellen Hilferufen von DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche schlecht entziehen. Zetsche hatte Mitte Februar ein weiteres Sanierungsprogramm angekündigt und erstmals erklärt, für die Zukunft von Chrysler seien alle Optionen offen - bis hin zu einem Verkauf.

Magna-Eigner Stronach hat inzwischen ein grundsätzliches Interesse an Chrysler oder Teilen davon öffentlich bekundet. Stronach bietet angelsächsischen Medienberichten zufolge gemeinsam mit der kanadischen Investmentfirma Onex für die Chrysler Group.

Die Beteiligung des kapitalkräftigen russischen Unternehmers an der kanadischen Firma könnte die Magna-Position im Blick auf Chrysler stärken, meinen Marktbeobachter. DaimlerChrysler lehnt jede Stellungnahme zu irgendwelchen Verhandlungen über Chrysler ab.

43 Prozent der Stimmrechte

Der russische Mischkonzern Basic Element erwirbt über eine Tochterfirma für 1,54 Milliarden US-Dollar (1,1 Milliarden Euro) 43 Prozent der Stimmrechte an Magna. Dies gab das kanadische Unternehmen in Aurora (Provinz Ontario) bekannt.

Käufer ist die Basic-Element-Tochter Russian Machines. Sie kontrolliert unter anderem den zweitgrößten russischen Autohersteller GAZ Group. Magna hatte bereits 2006 mehrere Joint Ventures mit GAZ angekündigt. Magna gehört zu den führenden Autoteileherstellern der Welt und beliefert auch deutsche Konzerne.

Der neue Magna-Großaktionär Oleg Deripaska ist eine der Schlüsselfiguren in der russischen Wirtschaft und verfügt über einen exzellenten Draht zu Präsident Wladimir Putin.

Die russische Zeitung Wedomosti schätzt das Vermögen des 38-Jährigen auf 14 Milliarden Dollar, das US-Magazin Forbes taxierte es auf 13,3 Milliarden Dollar.

Aufstieg in der Aluminiumindustrie

Deripaska war in den wilden neunziger Jahren in der russischen Aluminiumindustrie aufgestiegen und schuf mit Basic Element einen Konzern mit einem Umsatz von mehr als 13 Milliarden Dollar und 290000 Beschäftigten.

Zum Reich Deripaskas gehören Aluminiumhütten ebenso wie Autohersteller, Banken und Baufirmen in vielen Ländern der früheren Sowjetunion.

Doch das ist Deripaska schon lange nicht genug. Er versteht sich als globalen Spieler mit hohem Einsatz. Dazu passt die Fusion seines Unternehmens Rusal mit dem einheimischen Konkurrenten Sual und der schweizerischen Glencore zum größten Aluminiumproduzenten der Welt.

Vielfältige Interessen

Die Vielfältigkeit der Interessen Deripaskas zeigte sich vor wenigen Tagen, als Basic Elements drei Prozent der Hochtief AG erwarb mit der Aussicht auf mehr. Ende März erwarb der Russe 30 Prozent an der österreichischen Strabag. Dabei hatte Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner den Konzern doch eigentlich an die Börse bringen wollen.

Deripaskas internationale Zukäufe liegen im Trend: Viele russische Unternehmen suchen nach Standbeinen im Ausland und verbinden damit die Hoffnung auf einen Modernisierungsschub im eigenen Land.

So kaufen sie Anteile im Bereich der Hochtechnologie wie etwa beim europäischen Flugzeug- und Raumfahrtkonzern EADS und interessieren sich für Telekom- und Energiefirmen.

Russland immer wichtiger als Auslandsinvestor

Als Auslandsinvestor spielt Russland nach Angaben der Londoner Economist Intelligence Unit eine immer wichtiger werdende Rolle. Mehr als 120 Milliarden US-Dollar haben die Russen schon in ausländische Unternehmungen investiert. Diese Anlagen können auch eine Investition für schlechte Zeiten in der Heimat sein. Wer im internationalen Geschäft mitmischt, macht sich unabhängiger von den Machthabern im eigenen Land.

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