Neue Vorwürfe:Noch eine Anklage gegen Wiedeking

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Weist alle Vorwürfe zurück: Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. (Foto: Robert Haas)

Der damalige Vorstandschef Wiedeking soll die Börse bei der gescheiterten VW-Übernahme wiederholt getäuscht haben, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Der Beschuldigte weist alle Vorwürfe zurück.

Von Klaus Ott, München

Am 31. Juli beginnt in Stuttgart der Prozess gegen Wendelin Wiedeking, Ex-Chef von Porsche, und den früheren Finanzvorstand Holger Härter. Die beiden sollen bei ihrem am Ende gescheiterten Versuch, mit dem kleinen Sportwagen-Hersteller den großen VW-Konzern zu übernehmen, die Börse getäuscht haben. 23 Verhandlungstermine hat das Stuttgarter Landgericht bis Ende Oktober angesetzt. Doch nun behaupten die Verteidiger von Wiedeking und Härter, die Staatsanwaltschaft Stuttgart gefährde "bewusst den planmäßigen und zügigen Verlauf des Prozesses". Der Grund für diese Annahme: Die Ermittler haben jetzt eine neue, zusätzliche Anklage gegen die beiden einstigen Porsche-Manager vorgelegt.

Ob die neuen Anschuldigungen auch gleich in dem bereits anberaumten Prozess zur Sprache kommen, oder ob sie zurückgestellt werden, ist nach Angaben des Gerichts noch offen. Der zentrale Vorwurf ist derselbe wie bei der ersten Anklageschrift, die Anlass ist für das Gerichtsverfahren: Marktmanipulation; was mit Geldstrafen oder Gefängnis geahndet werden kann. In der ersten Anklage schreibt die Staatsanwaltschaft, Wiedeking und Härter hätten schon im März 2008 beschlossen, nach der Macht bei Volkswagen zu greifen. Sie hätten das aber bis zum 26. Oktober 2008 abgestritten. An diesem Tag erklärte Porsche, dass man die Beteiligung an VW auf 75 Prozent aufstocken sowie einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abschließen wolle.

Diese Mitteilung soll nicht nur zu spät gekommen sein. Sie soll auch noch falsch gewesen sein, schreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer zweiten, soeben vorgelegten Anklage. Porsche habe so getan, als ob an der Börse nur noch wenige VW-Aktien frei verfügbar seien. Der Kurs der VW-Papiere schoss nach oben, auf zeitweise über 1000 Euro pro Aktie. Das half Porsche, denn ein Kursverfall wäre den Sportwagen-Hersteller teuer gekommen. Der von Wiedeking & Co. erweckte Eindruck, es seien nur noch wenige VW-Aktien erhältlich, war nach Ansicht der Staatsanwaltschaft aber falsch.

Innerhalb weniger Tage und unter bestimmten Umständen hätten 35 Prozent der Stammaktien von Volkswagen wieder frei gehandelt werden können. Das habe Porsche den Börsianern verschwiegen, glaubt die Staatsanwaltschaft nachweisen zu können. Ihre zweite Anklage kommt jenen Spekulanten vor allem an den USA gelegen, die auf einen fallenden VW-Kurs gewettet hatten und viel Geld verloren. Zahlreiche Hedgefonds verklagen Porsche auf gut fünf Milliarden Euro Schadenersatz, weil sie sich getäuscht sehen. Bislang sind die Spekulanten mit ihren Klagen gescheitert. Jetzt hoffen die Fonds auf neue Erkenntnisse zu ihren Gunsten aus dem Prozess gegen Wiedeking und Härter und aus der zweiten Anklage gegen die beiden.

Die Verteidiger der ehemaligen Porsche-Manager befürchten ein Zusammenspiel von Spekulanten und Staatsanwälten. Die Ermittler ließen sich von den Fonds "instrumentalisieren", schreiben die Verteidiger. Die Rechnung der Spekulanten, "ihren Wetteinsatz wieder hereinzuholen", werde aber "auch mit Schützenhilfe der Staatsanwaltschaft" nicht aufgehen. Die neuen Vorwürfe seien "ersichtlich konstruiert, sachlich falsch und haltlos. Die Verteidiger sind vor allem irritiert darüber, dass die Strafverfolger ihre Ermittlungen zu der Porsche-Mitteilung vom 26. Oktober 2008 bereits vorläufig eingestellt hatten und erst nach einer Intervention von Hedgefonds wieder aufgenommen hätten.

Die Staatsanwaltschaft teilt dazu lediglich mit, eine "neuerliche Überprüfung" der Vorgänge habe zur Wiederaufnahme des Verfahrens geführt.

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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