Neue Kredite für Griechenland:Der Sommer kann kommen

Im Juli muss Griechenland viele Milliarden Euro zurückzahlen. Nach langem Streit darf Athen nun auf die nötigen Kredite hoffen. Doch es gibt noch Hürden. Der IWF will jetzt über Schuldenerleichterungen reden.

Von Alexander Mühlauer, Valletta

Jeroen Dijsselbloem war schon ein wenig stolz, das ließ er sich auch anmerken. Nach monatelangem Streit hatte es der Eurogruppen-Chef endlich geschafft. Und so stand er am Freitag in Malta und verkündete, dass die "größten Brocken" gelöst seien. "Wir haben eine Einigung bei den übergreifenden Elementen", sagte Dijsselbloem. Das betreffe Umfang, Zeitrahmen und Reihenfolge der Reformen in Griechenland. Insgesamt würden die Maßnahmen zwei Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung für die Jahre 2019 und 2020 ausmachen.

Das aktuelle Kreditprogramm für das hoch verschuldete Euro-Land läuft bis Sommer 2018. Im Juli muss Griechenland Kredite in Höhe von 7,4 Milliarden Euro zurückzahlen und benötigt deshalb frisches Geld der Euro-Partner. Nach Angaben von EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sollen die Prüf-Institutionen von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB), Euro-Rettungsfonds ESM sowie Internationalem Währungsfonds (IWF) in den kommenden Tagen nach Athen zurückkehren, um dort das Reformpaket abzuschließen. Ein genauer Termin wurde allerdings nicht genannt.

Griechenland-Hilfen

Eine Flagge mit Euro-Zeichen vor dem griechischen Parlament - das gab's 2015 bei einer Demo.

(Foto: Fotis Plegas G./dpa)

Formal ist dann noch eine endgültige Beurteilung der Euro-Staaten notwendig, bevor Griechenland auf neue Mittel aus dem bis zu 86 Milliarden Euro schweren Programm hoffen kann. Dijsselbloem zufolge soll Griechenland 2019 Reformen im Rentensystem vornehmen und 2020 bei der Einkommensteuer. Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sicherte zu, dass die Maßnahmen in den kommenden Wochen in Gesetze gegossen werden. Sollte sein Land die Vorgaben für 2019 erfüllen, werde seine Regierung an anderer Stelle aber auch einzelne Sparmaßnahmen lockern.

Bei der vorläufigen Einigung ist nach Angaben Dijsselbloems auch der IWF an Bord. Noch nicht entschieden sei, wie lange Griechenland einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent auch noch nach dem Ende des Programms aufweisen muss, also einen Haushaltsüberschuss ohne Berücksichtigung der Zinsen. Darüber werde erst nach der Reformüberprüfung gesprochen, sagte Dijsselbloem. Dann soll auch die Tragfähigkeit der Schulden von über 300 Milliarden Euro neu analysiert werden. Der Primärüberschuss ist ein entscheidender Indikator dafür, ob ein Land genug Geld hat für staatliche Leistungen - aber auch für seinen Schuldenabbau. Ungewöhnlich offen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor Beginn der Eurogruppen-Sitzung den IWF kritisiert: "Tatsache ist, dass in den letzten Jahren der IWF mit seinen Prognosen gegenüber der Realität immer ein bisschen zu pessimistisch gewesen ist." Griechenland habe im vergangenen Jahr eine gute wirtschaftliche Entwicklung gemacht und habe etwa bei der Nettoverschuldung besser abgeschnitten, als vom IWF vorhergesehen. Der Finanzminister widersprach der Darstellung, dass er mehr den Zahlen des IWF vertraue als jenen der europäischen Institutionen.

Am Montag trifft sich Merkel mit IWF-Chefin Lagarde in Berlin

Am Montag trifft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit IWF-Chefin Christine Lagarde in Berlin. Dann dürfte es um die nächste große Hürde gehen: die Frage von Schuldenerleichterungen. Der IWF besteht darauf, dass Griechenlands Schuldenlast langfristig tragfähig ist. Bereits im vergangenen Mai hatten die Euro-Finanzminister Athen Schuldenerleichterungen in Aussicht gestellt. Doch Schäuble will darüber erst nach Ablauf des Kreditprogramms im Sommer 2018 reden.

2 Prozent

Griechenland und die internationalen Kreditgeber haben laut Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem zusätzliche Sparmaßnahmen im Volumen von zwei Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts vereinbart. Die Hälfte davon sollen Einschnitte im Rentensystem 2019 bringen, die andere Hälfte die Senkung von Steuerfreibeträgen 2020.

Und dann musste sich Dijsselbloem in Malta noch zu seiner eigenen Person äußern. Er bedauerte nochmals das, was er gesagt hatte. Seit Wochen steht Dijsselbloem wegen einer Äußerung zu Finanzhilfen für Krisenländer im Süden in der Kritik. Niemand könne sein "ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben" und anschließend um Unterstützung bitten, hatte er im März der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesagt. Auf die Frage, ob er zurücktreten werde, sagte der Eurogruppen-Chef jetzt: "Sicherlich nicht." Dijsselbloem bekräftigte, dass er weiter zur Verfügung stehe, seine zweite Amtszeit bis Januar 2018 zu vollenden - obwohl er nach den Wahlen in den Niederlanden voraussichtlich seinen Posten als Finanzminister verlieren wird.

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