Neue EU-Agrarpolitik:Mehr Geld aus Brüssel für grüne Bauern

Gegen Verschwendung und für die Umwelt: Der neue EU-Kommissar für Landwirtschaft, Dacian Ciolos, will die Agrarsubventionen ökonomischer und ökologischer ausrichten. Die Grünen jubilieren.

Cerstin Gammelin und Daniela Kuhr

Deutschlands Großbauern müssen sich auf weniger Beihilfen aus Brüssel einstellen. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos plant, die Subventionen künftig stärker ökologisch auszurichten und Obergrenzen für landwirtschaftliche Großbetriebe einzuführen. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung".

Durch gezielte Subventionen der Europäischen Union soll die Landwirtschaft ökologischer werden.

Durch gezielte Subventionen der Europäischen Union soll die Landwirtschaft ökologischer werden.

(Foto: dpa)

Landwirte und die Agrarindustrie haben schon lange darauf gewartet, jetzt ist es so weit: An diesem Donnerstag wird EU-Agrarkommissar Ciolos in Brüssel seine Vorschläge für die künftige EU-Agrarpolitik vorstellen. Das Papier, das er dafür ausgearbeitet hat, liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Auch wenn sich der Kommissar darin in vielem vage ausdrückt und deutlich zeigt, dass er für Diskussionen noch offen ist, so stellt er doch eines klar: "Es herrscht breites Einvernehmen darüber, dass die Verteilung der Direktzahlungen überprüft und dem Steuerzahler verständlich gemacht werden muss."

Das Papier ist die Grundlage für die anstehenden Verhandlungen zwischen Kommission, Mitgliedstaaten und EU-Parlament über die künftige Gemeinsame Agrarpolitik in Europa. Mit derzeit jährlich 55 Milliarden Euro ist der Agrarbereich der größte Posten im EU-Haushalt. Ob es auch in Zukunft so viel Geld geben wird und wie es genau verteilt werden soll, muss jedoch neu entschieden werden. Denn die jetzige EU-Finanzperiode endet 2013, so dass ein neuer Finanzrahmen für die Jahre 2014 bis 2020 vereinbart werden muss.

Obwohl sie bereits mehrfach reformiert wurde, ist die EU-Agrarpolitik in ihrer gegenwärtigen Form stark umstritten. Zwar trägt sie nicht mehr zum Entstehen von Butterbergen bei, doch nach Meinung von Umweltverbänden fördert sie eine Landwirtschaft, bei der Tiere leiden müssen, Böden ausgelaugt sowie Grundwasser und Klima belastet werden. Ciolos will die beginnenden Verhandlungen daher für eine weitere Reform nutzen. Ziel müsse sein, ein "nachhaltigeres und intelligenteres" Wachstum für den ländlichen Raum in Europa zu schaffen.

Der Kommissar schlägt eine Art Grundsicherung für die Landwirte vor, die nach oben hin aber gedeckelt sein sollte, um die Verteilung zwischen Groß- und Kleinbetrieben besser zu gestalten. Weitere Zahlungen sollte es nur dann geben, wenn der Landwirt ökologisch wertvolle Leistungen erbringt. Das will er mit einer "Ökologisierungskomponente" der Direktzahlungen erreichen.

"Vorrang sollten Maßnahmen erhalten, die sowohl klima- als auch umweltpolitische Ziele verfolgen." Ciolos denkt dabei etwa daran, Landwirte mit Direktzahlungen dafür zu belohnen, dass sie Grünland bewirtschaften, weil das ein besonders guter CO2-Speicher ist. Auch sollen sie Geld erhalten, wenn sie die Fruchtfolge einhalten, also nicht jedes Jahr dasselbe anbauen, denn das belastet die Böden. Zudem will er Bauern, die in schwierigen Gebieten arbeiten, ebenfalls mit zusätzlichen Direktzahlungen unterstützen.

Künast lobte die Vorschläge

Umweltverbände begrüßten die Vorschläge. "Ciolos hat verstanden, dass Agrarpolitik in Europa nur dann eine Chance hat, wenn sie stärker auf Aspekte wie den Klimaschutz, den Erhalt von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum sowie auf den Erhalt der Biodiversität eingeht", sagte Lutz Ribbe, Agrarexperte der Umweltstiftung Euronatur. Daher sei es gut, "dass die Direktzahlungen künftig an verbindliche ökologische Kriterien gebunden werden sollen".

Auch die Grünen-Fraktionschefin und frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast lobte die Vorschläge. Zwar hätten sie an einigen Stellen noch weiter gehen können, doch der Kommissar habe erkannt, dass man nicht einerseits den Klimawandel bekämpfen könne, andererseits aber Landwirte belohne, wenn sie ihre Böden umweltschädlich bewirtschaften. Die Vorschläge wiesen "in die richtige Richtung" und seien "das komplette Gegenstück von dem, was Frau Aigner und der Deutsche Bauernverband wollen".

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hatte mehrfach gesagt, dass sie kaum Reformbedarf sieht. Ihrer Ansicht nach ist Deutschland bei der Modernisierung der Landwirtschaft weiter als jeder andere EU-Staat. Künast lässt das nicht gelten. "Es hat mich noch nie beeindruckt, wenn andere schlechter sind." Vielmehr sollte Deutschland auch weiter voranschreiten in der Agrarpolitik.

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