Negativzinsen:Wider jede Logik

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Das Finanzamt erkennt Verluste durch Negativzinsen steuerlich nicht an. Sie können höchstens als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Von Guido Bohsem

Vereinfacht gesprochen ist es bei Aktiengeschäften so: Wer einen Gewinn macht, muss darauf Abgeltungsteuer zahlen. 25 Prozent davon gehen an den Staat. Wer bei Aktiengeschäften Verluste macht, muss keine Steuern zahlen. Er kann den Verlust beim Finanzamt steuermildernd geltend machen.

Dieses Prinzip gilt fast überall im Steuersystem. Wenn man in einer Einkommensart - der Fachmann spricht von Schedule - Verluste erzielt, kann man die beim Finanzamt geltend machen, sofern man aus der gleichen Schedule auch Gewinne zu vermelden hat. Manche Verluste darf der Steuerpflichtige vortragen. Das heißt, er muss sie nicht im gleichen Jahr geltend machen, sondern erst dann, wenn er wieder Gewinne erzielt hat.

Nun könnte man auf die Idee kommen, dass das bei Zinsen genauso ist. Schließlich zahlt ein jeder, der sein Geld auf einem Sparbuch deponiert hat (vom Freibetrag einmal abgesehen) auf seine Zinserträge 25 Prozent Abgeltungsteuer. Man könnte daher meinen, dass Verluste, die beim Sparbuch-Sparen entstehen steuermildernd geltend gemacht werden können. Verluste, die entstehen, weil die Bank keine Zinsen zahlt, sondern stattdessen Negativzinsen nimmt - wie es derzeit vor allem bei Anlegern vorkommt, die den Banken hohe Geldbeträge für relativ kurze Zeit anvertrauen - der Gesundheitsfonds etwa.

Könnte man meinen. Ist aber nicht so. Seit Mitte Januar steht nämlich fest, dass eine Rose eben doch keine Rose ist oder - weniger literarisch ausgedrückt - es sich beim Negativzins keineswegs um einen Verlust bei der Geldanlage handelt.

In einem mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmten Schreiben, legt das Ministerium von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nämlich fest, dass sich bei einem Negativzins "vielmehr um eine Art Verwahr- und Einlagegebühr" handelt. Diese könne der Steuerpflichtige zwar geltend machen, aber eben nur als Werbungskosten und die seien ja bekanntlich bereits durch den Sparer-Pauschbetrag abgegolten.

Womöglich erwarten Schäubles Experten, dass die Europäische Zentralbank ihren Kurs noch einmal verschärft, die Negativzinsen ausdehnt und in Zukunft deutlich mehr Anleger und womöglich sogar Sparer getroffen werden. Womöglich waren den Finanzbehörden die Negativzinsen schon jetzt zu hoch. Das Ziel ist auf jeden Fall klar: Hier sollen die Steuereinnahmen des Staats geschützt werden.

Eine Einschätzung, die der Berliner Steuerexperte Frank Hechtner teilt. Er hält die Regelung der Finanzbehörden für ein Unding. "Das widerspricht der ökonomischen Definition von Zinsen komplett der Logik der Besteuerung", sagte er der SZ. Die Zuständigen schielten lediglich auf die Staatskasse. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das vor Gericht standhalten wird."

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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