Der Negativzins frisst sich langsam, aber sicher durch den Alltag der Bundesbürger. Möbelhäuser gewähren bereits Kredite mit einem Minus-Vorzeichen: Kunden, die einen Kredit abschließen, um Möbel zu kaufen, müssen dann weniger zurückzahlen, als sie aufgenommen haben. Nun ist das Phänomen auch im Autohandel aufgetaucht: Der Daimler-Konzern bietet über sein Händlernetz für manche seiner Modelle Leasing-Verträge an, die einen negativen Zins aufweisen.
So bewirbt der Konzern derzeit sein A-Klassen-Modell 160 im Internet mit einem effektiven Jahreszins von minus 1,26 Prozent. Der Neupreis beträgt 23 746,45 Euro, die monatliche Leasing-Rate liegt bei 169 Euro, der Vertrag läuft über 36 Monate. Auch beim SUV-Modell GLA 180 (27 786,50 Euro Neupreis, 179 Euro Monatsrate, 36 Monate) steht ein Minus vor dem Zins von 0,45 Prozent. "Es handelt sich dabei um Rabatte im Rahmen unserer marktüblichen Marketingprogramme, die sich auf einzelne Baureihen und einen begrenzten Zeitraum beziehen", sagt ein Sprecher der Mercedes-Benz-Bank, der Finanztochter des Daimler-Konzerns.
Die Berechnung des Zinssatzes beim Leasing ist kompliziert, da dabei der Restwert am Ende der Laufzeit mit einbezogen werden muss. Tendenziell sind die Zinssätze dadurch niedriger als bei Finanzierungen, also Autokrediten, die voll zurückbezahlt werden müssen. Bei solchen Krediten gibt es noch keine Negativzinsen, wie die Autokonzerne Daimler, VW und BMW auf Nachfrage mitteilten. Doch Experten schließen nicht aus, dass auch das irgendwann passiert. "Es ist denkbar, dass Negativzinsen auch im Finanzierungsbereich kommen könnten", sagt Christian Ruben, Geschäftsführer von Toyota Financial Services, der auch Sprecher des Verbands der Autobanken ist.
Es handelt sich dabei um sogenannte subventionierte Kredite. Das bedeutet, dass der Hersteller oder Händler über eine günstige Finanzierung den Verkauf ankurbeln will. Er bezahlt der finanzierenden Bank die Differenz zwischen dem marktüblichen Zins und dem ermäßigten Zins für die Kunden. Der Marktzins für Verbraucherkredite liegt derzeit bei 0,6 Prozent. Die günstige Finanzierung ist damit wie ein Rabatt, nur dass es statt der Gratis-Fußmatte oder dem Nachlass im Preis eben einen negativen Zins gibt.
"Man überlegt sich bei jedem Modell, wie man es im Vertrieb unterstützen kann", sagt der Sprecher der Mercedes-Benz-Bank. Günstige Konditionen beim Leasing hätten sich als gutes Instrument herausgestellt, um mit Kunden in Kontakt zu bleiben, weil er am Ende der Vertrages neuen Handlungsbedarf habe.
Der Möbelhändler Who's Perfect bietet bereits seit einigen Wochen Finanzierungen zu einem Zins von "- 1,0 Prozent über 24 Monate". Wer zum Beispiel eine Couch für 2400 Euro kauft, bekommt 24 Euro überwiesen. Die Tilgungsrate über zwei Jahre beträgt monatlich 100 Euro.
Der Negativzins ist eine Folge der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Banken müssen einen Strafzins von 0,4 Prozent zahlen, wenn sie bei ihr Geld kurzfristig parken.