Negativzins:Bayerische Bank verlangt Strafzinsen von Privatkunden

Negativzins: Eine Filiale der Raiffeisenbank (Symbolbild)

Eine Filiale der Raiffeisenbank (Symbolbild)

  • Bislang sind Strafzinsen zumindest für die Einlagen von Privatkunden ein Tabu.
  • Doch eine bayerische Raiffeisen-Bank führt sie nun für Guthaben ab 100 000 Euro ein.

Das Tabu bröckelt: Eine kleine bayerische Genossenschaftsbank verlangt von September an von Privatkunden mit großen Summen auf dem Konto einen Strafzins. Josef Paul, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee, bestätigte am Mittwoch, dass das Institut für Einlagen von mehr als 100 000 Euro auf Giro- oder Tagesgeld-Konten ein "Verwahr-Entgelt" von 0,4 Prozent erheben werde. "Wir haben alle Großanleger gezielt angeschrieben und ihnen empfohlen, sich Gedanken zu machen", sagte Paul der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn man keine Anreize schafft, etwas zu verändern, verändert sich auch nichts." Viele Banken suchen nach Wegen, mit den niedrigen Zinsen fertig zu werden. Sie schaffen kostenlose Girokonten ab oder erhöhen die Gebühren für Kontoführung und Kreditkarten.

Strafzinsen, wie es sie für Firmenkunden und institutionelle Anleger seit fast zwei Jahren gibt, galten bei Privatkunden aber bisher als Tabu. Dabei zahlen die Banken selbst 0,4 Prozent, wenn sie überschüssige Einlagen über Nacht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken.

Nach Angaben der Bank zeigt der Schritt bereits Wirkung

Nur die Skatbank, eine zum Genossenschaftssektor gehörende Direktbank aus dem thüringischen Altenburg, hatte für Beträge über eine halbe Million Euro schon 2014 Negativzinsen eingeführt. Der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) erwartet nicht, dass das Beispiel aus Oberbayern Schule macht. "Der BVR glaubt nicht, dass wir in Deutschland im Privatkundengeschäft in der Breite Negativzinsen sehen werden - nicht zuletzt auf Grund der intensiven Wettbewerbssituation im deutschen Bankenmarkt." Auch in Gmund sei das klassische Breitengeschäft nicht betroffen.

Laut Vorstand Paul hat der Strafzins schon Wirkung gezeigt. "Ein Teil der Kunden, die wir informiert haben, hat sich für alternative Anlagen entschieden, andere haben ihr Geld zu anderen Banken verlagert." Eine Ausweitung auf weniger wohlhabende Kunden sei nicht geplant. Das Institut ist mit sechs Filialen rund um den Tegernsee und einer Bilanzsumme von 145 Millionen Euro eine der kleineren Genossenschaftsbanken in Deutschland.

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB), dem die 269 Volks- und Raiffeisenbanken im Freistaat angehören, äußert Verständnis. "Der extreme geldpolitische Kurs der EZB verursacht bei allen Banken erhebliche Kosten", sagte ein Sprecher. Auf Dauer könnten die Banken das nicht selbst tragen, sie suchten nach Auswegen. "Dazu kann es in letzter Konsequenz auch gehören, einen Auslagenersatz für Einlagen ins Auge zu fassen." Der GVB kenne aber keine Bank mit solchen Plänen. Auch ein Sprecher des Sparkassen-Verbandes DSGV sagte, ihm sei unter den 408 Sparkassen keine bekannt, die eine Verwahrgebühr von Privatkunden verlange.

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