Nahaufnahme:Wer folgt Regling?

Nahaufnahme: "Ich stehe für ein zweites Mandat zur Verfügung." Klaus Regling will Chef des Euro-Rettungsfonds bleiben.

"Ich stehe für ein zweites Mandat zur Verfügung." Klaus Regling will Chef des Euro-Rettungsfonds bleiben.

(Foto: Bloomberg)

Eigentlich wäre ja genug Zeit. Sein Vertrag läuft noch bis 7. Oktober. Doch nun ist das Rennen um den höchsten Posten des Euro-Rettungsfonds ESM eröffnet worden.

Von Alexander Mühlauer

Eigentlich wäre ja genug Zeit. Der Vertrag von Klaus Regling läuft noch bis zum 7. Oktober. Doch nun ist das Rennen um seine Nachfolge als Chef des Euro-Rettungsfonds ESM überraschend früh eröffnet worden. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung forderte Euro-Gruppen-Präsident Jeroen Dijsselbloem die Euro-Finanzminister bei ihrer Sitzung am vergangenen Donnerstag dazu auf, geeignete Kandidaten vorzuschlagen. Die Minister haben nun zwei Wochen Zeit, sich zu überlegen, ob sie Reglings Vertrag verlängern oder lieber einen Nachfolger benennen wollen. Am 20. Februar trifft sich die Euro-Gruppe dann wieder in Brüssel - und könnte bereits über die Personalie entscheiden.

Regling selbst lässt keinen Zweifel, dass er gerne weitermachen würde. Der 66-jährige Ökonom steht seit 2012 an der Spitze des Euro-Rettungsfonds. Im Auftrag der Euro-Staaten hat Regling dem krisengeplagten Griechenland mehr Geld geliehen als irgendjemand sonst: 173,5 Milliarden Euro. Und damit ist noch lange kein Ende erreicht. In den nächsten Jahren wird sich die Frage stellen, ob der ESM nicht zu einer Art Europäischer Währungsfonds ausgebaut werden soll. Dafür ist ein Chef vonnöten, der die unterschiedlichen Interessen der Euro-Staaten ausbalancieren kann.

Die Chancen für Regling stehen nicht schlecht. Der gebürtige Lübecker ist nicht nur ein politisch erfahrener Mann. Er ist auch, und das wissen die Finanzminister zu schätzen, ein unaufgeregter Volkswirt, der mit Zahlen überzeugen kann. Regling hat selbst mehrere Jahre lang beim Internationalen Währungsfonds (IWF) gearbeitet. Und er kennt auch die deutschen Eigenheiten, in den 1990er-Jahren war er für das Bundesfinanzministerium tätig. In Brüssel war Regling Generaldirektor der Europäischen Kommission. Schon damals ging es um die Frage, wie es Griechenland mit seinen Schulden hält.

Kein Wunder also, dass Regling den Ministern laut einem ESM-Sprecher erklärte, dass er für ein zweites Mandat zur Verfügung stehe. Gemäß ESM-Vertrag kann die fünfjährige Amtszeit des Geschäftsführenden Direktors einmal verlängert werden. Bleibt die Frage, warum Dijsselbloem die Personaliendebatte schon jetzt anfacht, wenn es doch erst im Oktober soweit ist?

Die Antwort darauf ist vielschichtig. Wie immer spielen andere Personalien und der politische Kalender bei einflussreichen europäischen Jobs eine Rolle. Dieses Jahr stehen Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland bevor. Entsprechend hoch ist die Unsicherheit. Die Finanzminister könnten jetzt noch einigermaßen rational handeln; wenn sie erst im Wahlkampf sind, ist es damit vorbei.

Nach den Wahlen im März wird die neue Regierung in Den Haag wohl aus mindestens vier Parteien bestehen - völlig offen ist dabei, ob Dijsselbloem niederländischer Finanzminister bleibt (und damit Chef der Euro-Gruppe). Kann gut sein, dass dieser Posten auch neu zu besetzen ist. Abgesehen von den bevorstehenden Bundestagswahlen im September, gilt die französische Regierung in Brüssel zurzeit als "lahme Ente", sprich: Sie ist wohl leichter von einem Deutschen zu überzeugen als ein neuer starker Präsident im Élysée, von dem man nicht weiß, wer es sein wird.

Aus Berliner Sicht gibt es allerdings noch eines zu bedenken. In diesem Jahr läuft nicht nur Reglings Vertrag aus, sondern im Dezember auch jener von Werner Hoyer, dem Präsidenten der mächtigen Europäischen Investitionsbank (EIB). Auch er will weitermachen. Für die Bundesregierung stellt sich die Frage, ob sie glaubt, dass die Verträge von Regling und Hoyer verlängert werden können. Also, ob die anderen Länder dazu bereit sind, beide Top-Jobs in den Händen von zwei Deutschen zu lassen.

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