Nahaufnahme:Was ist schon wahr

Nahaufnahme: "Die Präsidentin bat mich nicht um Geld. Nur, dass ich unterstützen solle, was ihr wichtig sei." Lee Jae-yong

"Die Präsidentin bat mich nicht um Geld. Nur, dass ich unterstützen solle, was ihr wichtig sei." Lee Jae-yong

(Foto: Reuters)

Samsung-Erbe Lee hat unter Eid einen ominösen Deal mit Südkoreas Präsidentin Park abgestritten. Nun stellt sich heraus, dass er gelogen haben könnte.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Dem Samsung-Erben Lee Jae-yong droht eine Strafverfolgung wegen Meineids. Und eine Anklage wegen Bestechung. Der 48-Jährige muss an diesem Donnerstag vor der speziellen Untersuchungskommission aussagen. Der soll den Skandal um die suspendierte Staatspräsidentin Park Geun-hye und ihre Freundin Choi Soon-sil aufklären.

Lee ist der Chef von Samsung Electronic, dem Kronjuwel der Samsung-Gruppe, des größten Chaebols, wie die Südkoreaner ihre Familienkonzerne nennen. Als Vize-Präsident der Gruppe von etwa 80 Tochterfirmen führt er den Konzern auch - sein Vater Lee Kun-hee, der eigentliche Samsung-Chef, liegt seit zwei Jahren im Koma.

Die Ermittler verdächtigen den jungen Lee und die suspendierte Präsidentin Park, sie hätten ausgehandelt, dass Samsung die Präsidenten-Freundin Choi unterstützt. Das Gegengeschäft: Der staatliche Pensionsfonds als Großaktionär von zwei Samsung-Töchtern werde für deren Fusion stimmen - obwohl dies die Anleger der Kasse, also fast alle Koreaner, um viel Geld prellen würde.

Mit diesem Kuhhandel sicherte sich Lee die Kontrolle über den ganzen Chaebol. Moon Hyung-pyo, der Chef des Pensionsfonds, der ebenfalls in Untersuchungshaft sitzt, hat zugegeben, seine Leute gezwungen zu haben, für die Sieben-Milliarden-Euro-Fusion zu stimmen.

Lee sagte im Dezember vor einer Parlamentskommission unter Eid: "Ich weiß nicht genau, wann ich zum ersten Mal von Choi hörte, das ist noch nicht lange her. Ich wusste noch nichts von ihr, als ich im Juli 2015 eine Privataudienz bei Präsidentin Park hatte." Die Beweise der Ermittler, also Zeugenaussagen, Telefonprotokolle und E-Mails auf Chois Tablet-Computer, sollen das Gegenteil beweisen.

Wenige Tage nach Lees Privataudienz schickte Samsung einen Vertreter nach Deutschland, er sollte die Modalitäten regeln, wie Samsung Choi unterstützen würde. Das geht aus mehr als hundert E-Mails auf Chois Tablet hervor.

Später überwies Samsung 22 Milliarden Won, 17 Millionen Euro, an eine als Sporthilfe-Stiftung getarnte Deckfirma Chois nach Deutschland. Die Zahlung wurde als Honorar für "Consulting" verbucht. Choi kaufte mit dem Geld ein Hotel in der Eifel und finanzierte das Dressurreiten ihrer 20-jährigen Tochter, die zur Zeit im dänischen Aalborg in Auslieferungshaft sitzt.

Lee behauptete vor der Parlamentskommission: "Die Präsidentin bat mich nicht um Geld. Nur, dass ich unterstützen solle, was ihr wichtig sei." Ansonsten profilierte sich der konturlose Herr Sohn damals vor allem mit präzise gesetzten Erinnerungslücken.

Viel gebracht zu haben schien die Befragung vor dem Parlament nicht, an der acht weitere Konzern-Bosse aussagen mussten. Sie war eher ein Spektakel für jene Südkoreaner, die sich den Konzernen ausgeliefert fühlen. Und eine Gelegenheit für die Kommissionsmitglieder, sich hart und kompromisslos zu zeigen - obwohl auch viele Parlamentarier von Samsung-Stipendien und ähnlichen Zuschüssen der Chaebol profitieren.

Im Nachhinein jedoch gibt der Verdacht, Lee habe unter Eid gelogen, statt sich einfach ein weiteres Mal nicht zu erinnern, jenem Polittheater plötzlich mehr Gewicht.

Lee Kyu-chul, der Sprecher der Untersuchungskommission, stellte am Mittwoch vor der Presse klar, der junge Lee sei nicht als Zeuge vorgeladen, sondern als Verdächtiger. Auf die Frage, ob der Samsung-Kronprinz verhaftet werden könnte, meinte der Sprecher: "Alles ist möglich."

Meineid im Parlament wird mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft.

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