Nahaufnahme:Sein Job ist die Katastrophe

Nahaufnahme: "So hohe Geschwindigkeiten wie bei Haiyan auf den Philippinen wurden kaum je gemessen." - Peter Höppe

"So hohe Geschwindigkeiten wie bei Haiyan auf den Philippinen wurden kaum je gemessen." - Peter Höppe

(Foto: dpa)

Der Klimaforscher Peter Höppe erforscht für den Rückversicherer Munich Re das Umweltrisiko verschiedener Staaten.

Von Arne Perras

Indien glüht. Dürre quält die Bauern, sie ersehnen den Monsun. Indonesien leidet, weil immer wieder Waldbrände auflodern. Farmer und Konzerne legen dort Feuer, um den Urwald zu roden. Und bekommen die Flammen nicht mehr in den Griff. Das Wetterphänomen El Niño hat die Trockenheit verursacht, weshalb auch Singapur gerade den heißesten Tag seiner Geschichte erlebte. Müssen sich die Asiaten auf noch Schlimmeres gefasst machen?

Der deutsche Klimaforscher Peter Höppe kennt sich mit Wassermangel aus. Der Experte bereist gerade die Region. Als oberster Risikoforscher des Rückversicherers Munich-Re ist es sein Job, immer einen Schritt voraus zu sein.

Höppe sitzt im dreizehnten Stock am Collyer Quay in Singapur und hat eine gute und eine schlechte Nachricht: Der El-Niño-Effekt wird sich bald abschwächen, sodass sich das Ausmaß der Brände vom Vorjahr kaum wiederholen dürfte. "Da bin ich mir sehr sicher", sagt der 61-Jährige. Demnach würde die Region vom beißenden Qualm, der Millionen Lungen schädigt, 2016 weitgehend verschont.

Man möchte aufatmen. Aber da redet Höppe schon von La Niña, die nun folge. Er nennt sie die "feuchte Schwester" von El Niño. Sie wird Regen bringen. Sehr viel Regen. "Wir reden dann über große Überschwemmungsrisiken."

Kombiniert mit dem steigenden Meeresspiegel ist das für eine Metropole wie Jakarta, die kaum geschützt am Ozean liegt und sich auch noch absenkt, keine beruhigende Aussicht. Außerdem wird weiter nördlich in wenigen Monaten die Taifun-Saison erneut beginnen. Sie hält länger an als die kritische Phase im Atlantik, wo Hurrikane toben. Der Klimawandel gibt Stürmen zusätzliche Kraft. "So hohe Geschwindigkeiten wie bei Haiyan auf den Philippinen wurden kaum je gemessen", sagt Höppe. Alle Kontinente müssen sich auf Risiken einstellen, die sich im veränderten Klima verschärfen. "Allerdings ist Asien auf ganz besondere Weise betroffen", sagt Höppe. Denn dort kommen zwei Entwicklungen zusammen, die nirgendwo sonst so ausgeprägt erscheinen: Einerseits profitieren die dynamischen Regionen vom anhaltenden Wachstum, mag es sich auch etwas abgeschwächt haben. Der Wohlstand nimmt zu.

Aber gleichzeitig toben sich hier alle nur möglichen Naturgewalten aus. Und sie fallen extremer aus als früher. In diesem Szenario gibt es für immer mehr Menschen immer mehr zu verlieren. Kein Wunder, dass Versicherer so konzentriert nach Asien blicken. Das Risiko belebt ihr Geschäft.

Höppe ist kein Alarmist, er setzt auf nüchterne Analyse und gesunden Menschenverstand. Manchmal wirkt er sogar nachsichtig, wenn er mit Blick auf die gescholtenen Politiker sagt: "Wir müssen halt auch manchmal Geduld haben, bis neue Initiativen greifen."

Dazu zählen auch Klimaversicherungen, die reiche Länder nun für ärmere Staaten bereitstellen, damit sie sich zumindest finanziell gegen Katastrophen wappnen können. In der Karibik und manchen Gebieten Afrikas gibt es sie schon. Aber seltsamerweise nicht auf den Philippinen, wo Stürme häufiger und heftiger wüten als irgendwo sonst auf der Welt.

Höppe wird die Arbeit wohl nicht ausgehen, klimabedingte Risiken dürften weiter zunehmen. In den dicht besiedelten Staaten Asiens werden immer mehr Leute solchen Gefahren ausgesetzt sein, sagt der Forscher voraus. Denn wo Bevölkerungen wachsen und Räume enger werden, stoßen Menschen in Gebiete vor, die früher kaum besiedelt waren. Oft sind es Gegenden, wo das Leben gefährlicher ist als anderswo. Weil Überschwemmungen Häuser fluten, Stürme toben oder Erdrutsche Dörfer verschlucken.

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