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Nahaufnahme: "Wenn noch 30, 40 Leute unterwegs sind, ist die Chance gering, dass der Hai genau mich angreift." Mark Pincus.

"Wenn noch 30, 40 Leute unterwegs sind, ist die Chance gering, dass der Hai genau mich angreift." Mark Pincus.

(Foto: dpa)

Mark Pincus war mit seiner Spielefirma Zynga sehr erfolgreich. Dann wurde die Konkurrenz mächtiger, die Nachfrage ging zurück. Nun will er retten, was zu retten ist.

Von Varinia Bernau

Auf dem Surfbrett, hat Mark Pincus einmal gesagt, versuche er einfach, nicht an die weißen Haie zu denken. "Wenn da noch 30, 40 Leute unterwegs sind, ist die Chance gering, dass er genau mich angreift." Das klingt zunächst ziemlich lässig. Nach einem, der in riskanten Situationen einen kühlen Kopf bewahrt. Mark Pincus, 49, hat es mit dieser Lässigkeit ziemlich weit gebracht: Sechs Jahre hat er bei Investmentbanken und Risikokapitalgebern gearbeitet, ehe er sich als Internetunternehmer versuchte. Sein erstes Start-up, 1995 gegründet, verkaufte er nach nur sieben Monaten - für 38 Millionen Dollar.

Doch wie das eben so ist mit riskanten Dingen, sei es nun in gefährlichen Gewässern oder bei der Gründung von Start-ups: Die Sache kann auch schiefgehen. So wie mit Pincus aktuellem Versuch: Zynga.

Das Unternehmen, das er 2007 gegründet hat, wurde binnen kürzester Zeit zum größten Anbieter von Spielen im sozialen Netzwerk Facebook. Bekannt vor allem für ein Spiel: "Farmville". Die Spiele an sich sind kostenlos. Geld macht Zynga mit Zusatzangeboten wie Schaufeln oder Schafen, die die Gewinnchancen verbessern. Im Dezember 2011 brachte Pincus Zynga an die Börse. Damals wurde die Firma mit fast neun Milliarden Dollar bewertet. Viel zu hoch, wie sich später zeigen sollte. Heute liegt der Wert bei 2,4 Milliarden Dollar.

Pincus ist kein visionärer Tüftler wie jene Gründer der strahlenden Technologiekonzerne im Silicon Valley, die diese zumeist auch führen. Pincus, der in Chicago aufwuchs und mittlerweile in San Francisco lebt, hat einen Studienabschluss in BWL, immerhin von der Elite-Uni Harvard. Irgendwann hat es ihn gewurmt, dass ihn selbst Kinder bei seinem Lieblingsspiel im Internet abzockten. Wäre doch eine gute Sache, so dachte er sich, wenn er virtuell aufrüsten könnte. Das war der Beginn von Zynga.

Zwar haben bis heute mehr als 700 Millionen Menschen "Farmville" installiert. Doch die wenigsten beackern die virtuellen Felder noch. Und je mehr Bauernhöfe unbeachtet zurückblieben, desto stärker sanken die Erlöse bei Zynga - und damit auch die Stimmung in der Firma. Mehrere Spitzenmanager suchten das Weite, Konkurrenten wie etwa der Berliner Spieleentwickler Wooga erhöhten den Druck. "Farmville" blieb ein klassisches One-Hit-Wonder. Es gelang Pincus nicht, andere Spiele, die die Leute ähnlich begeisterten, nachzulegen. Und es gelang ihm auch nicht, die Spiele, die für die großen Computerbildschirme entwickelt waren, an Smartphones und Tablets anzupassen, auf denen die Menschen herumdaddelten. Im Sommer 2013 gab er den Chefposten auf und zog sich nach und nach aus dem Tagesgeschäft zurück.

Vor knapp vier Wochen kehrte Gründer Mark Pincus dann doch an die Spitze von Zynga zurück. An der Börse kam das schlecht an. Die Aktie fiel an dem Tag, an dem er seine überraschende Rückkehr verkündete, um zehn Prozent. Die Analysten trauten ihm nicht zu, dass er das Ruder herumreißt. Damals kündigte Pincus an, dass er die "Innovation beschleunigen" wolle. Was man halt so sagt, wenn man einen Laden retten muss. Nun zeigt sich, was Pincus darunter versteht: In der Firma, die nach der verstorbenen Bulldogge des Gründers benannt ist, wird fast ein Fünftel der Stellen gestrichen. Pincus will die Anstrengungen auf wenige neue Spiele konzentrieren. So sollen 100 Millionen Dollar pro Jahr eingespart werden, wie Pincus ankündigte. "Dies sind harte Entscheidungen", sagte er nun. "Und heute ist ein harter Tag für uns alle."

Es mag lässig wirken, zwischen Haien zu surfen. Genauer betrachtet aber ist es ziemlich leichtsinnig - oder einfach nur dumm.

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