Nahaufnahme:Nachhilfe für US-Investor

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Der Raumfahrt-Unternehmer Marco Fuchs rüffelt den US-Investor Guy Wyser-Pratte. Dieser hatte in einem Brief gefordert, den Bremer Konzern umzubauen.

Von Dieter Sürig

Das Familienunternehmen OHB mag für Außenstehende wie ein alteingesessenes Haushaltswarengeschäft anmuten, das den Generationswechsel nicht so richtig hinbekommen hat: Der 55-jährige Sohn Marco Fuchs hat zwar etwas anderes gelernt, führt nun aber den Laden. Die 79-jährige Mutter Christa, die das Geschäft zusammen mit ihrem Mann aufgebaut hat, sitzt an der Kasse. So ähnlich mag es US-Investor Guy Wyser-Pratte sehen. In einem Brief an OHB-Vorstandschef Marco Fuchs von voriger Woche wettert er über die OHB-Strukturen, mahnt die Zukunftsfähigkeit des Bremer Raumfahrtkonzerns an und gibt Nachhilfe zu Qualitätskontrolle, Unternehmensführung und Expansion.

Wyser-Pratte, selbst 77 Jahre jung, moniert etwa, dass einer der OHB-Vorstände längst das Ruhestandsalter erreicht habe. Der Aufsichtsrat werde von Mutter Christa Fuchs geführt, die "bei allem gebührenden Respekt, in einem reifen Alter" sei. Die anderen Aufsichtsräte seien "unterwürfig", keineswegs unabhängig. Diese Struktur sei intransparent und für das Fortkommen der Firma nicht geeignet. Nun sollte man meinen, dass der Lautsprecher aus den USA einen gehörigen Anteil an dem Unternehmen hält, das er umkrempeln möchte. Doch weit gefehlt, OHB befindet sich zu knapp 70 Prozent in Besitz der Familie Fuchs, der Rest in Streubesitz. Wyser-Pratte hat nach eigenem Bekunden seit 2015 investiert, aber offenbar unterhalb der meldepflichtigen Schwelle von drei Prozent.

Es ist ja auch nicht so, dass bei OHB die Zeit stehen geblieben wäre. Der 2014 mit 75 Jahren gestorbene Gründer Manfred Fuchs hatte seit den Achtzigerjahren aus der Hydraulikfirma seiner Frau Christa einen der größten europäischen Raumfahrtkonzerne geformt. Sohn Marco Fuchs, der seit 2000 das Tagesgeschäft führt, hat die internationale Ausrichtung von OHB vorangetrieben, hat Aufträge für die europäische Trägerrakete Ariane und das Satellitennavigationssystem Galileo gewonnen, sucht die Nähe zu Start-ups. Mit 2300 Mitarbeitern hat die seit 2001 börsennotierte Gruppe zuletzt 700 Millionen Euro Jahresumsatz und einen Betriebsgewinn von gut 55 Millionen Euro erzielt. Marco Fuchs könnte sich entspannt zurücklehnen.

Der Jurist rätselt aber, was Wyser-Pratte bezweckt. "Der Brief hat mich überrascht, es gab ja keine Anzeichen, ich wusste gar nicht genau, was das nun bedeutet". Mit seinen Vorständen hat er das Vorgehen Wyser-Prattes bei anderen Firmen studiert. 2007 hatte er versucht, die Spitze der Fotofirma Cewe Color zu stürzen - vergeblich. Zwei Jahre später gelang ihm dies mit einem anderen Großaktionär beim Roboterkonzern Kuka. Angesichts der Familienstruktur bei OHB überzeugt dies Fuchs nicht: "Die Vorgehensweise, Druck in der Öffentlichkeit aufzubauen, um die Machtverhältnisse zu verschieben - das funktioniert ja bei uns nicht". Womöglich wolle der Amerikaner nur den Kurs treiben: Der Wert der OHB-Aktie ist seit Januar um mehr als 70 Prozent gestiegen, "da hat er seinen Schnitt vielleicht schon gemacht".

In einer Replik weist Fuchs nun die Vorwürfe zurück. OHB sei "ein transparentes, kapitalmarktorientiertes Technologieunternehmen" und habe sich "sehr gut entwickelt". Die Kritik an seiner Mutter lässt er nicht gelten: "Dass wir ein Familienmitglied im Aufsichtsrat haben, ist nachvollziehbar" und eine Frage der Perspektive. "In der Ingenieurswelt gibt es viele Fantasien, da sagt meine Mutter, lasst uns über den Zahlungsplan reden." Als Gründerin könne sie die Dinge im schnelllebigen Geschäft richtig einordnen. Letztlich gibt er Wyser-Pratte noch eine Beruhigungspille mit, was die Strategie angeht: Dieser könne sicher sein, dass Vorstand und Belegschaft "jeden Tag sehr gewissenhaft an all diesen Themen arbeiten."

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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