Nahaufnahme:Mister Blitzstart

Nahaufnahme: „Die Kunst ist es, sich dann in der Mitte zu treffen.“ Peter Altmaier über seine Leidenschaft fürs Verhandeln.

„Die Kunst ist es, sich dann in der Mitte zu treffen.“ Peter Altmaier über seine Leidenschaft fürs Verhandeln.

(Foto: dpa)

Seine Mission in Washington kommt dem neuen Wirtschaftsminister Peter Altmaier wie gerufen.

Von Michael Bauchmüller

Der neue Wirtschaftsminister ist noch keine Woche im Amt, da steht er schon vor dem Weißen Haus. Eilends ist Peter Altmaier nach Washington geflogen, er hat mit seinem US-Kollegen Wilbur Ross einen "sehr konstruktiven ersten Austausch gehabt", und am Dienstag schon sitzt er bei Robert Lighthizer, dem US-Handelsbeauftragten. Wäre die ganze Sache nicht so brandgefährlich, der drohende Handelskrieg käme für einen wie Altmaier wie gerufen.

Das liegt zum einen an seiner Leidenschaft fürs Verhandeln. Der einstige Kanzleramtschef liebt den Austausch von Positionen, die gemeinsame Suche nach einem gemeinsamen Nenner. Je vertrackter die Lage, desto interessanter die Gespräche. "Ich bin heute Mittag um einige Prozent optimistischer, als ich heute Morgen vor Beginn der Gespräche war", ließ er nach den Gesprächen mit Ross durchblicken - freilich ohne einen Hinweis, wie wenig optimistisch er wohl vor den Gesprächen gewesen ist. Dummerweise sind Altmaiers Kompetenzen an der Stelle begrenzt, schließlich ist Handelspolitik Sache der EU. Eher tritt Altmaier an wie ein Lobbyist spezifisch deutscher Exportinteressen. Was ihm allerdings auch zupasskommt.

Denn auf Anhieb kommt der Neue damit als Mann der Tat daher: Lasst das mal den Altmaier machen. Auf diese Rolle versteht sich der 59-jährige Saarländer, spätestens seit seinem Blitzstart im Jahr 2012. Damals hatte sich Kanzlerin Angela Merkel hopplahopp von ihrem Umweltminister Norbert Röttgen getrennt, der als CDU-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen gescheitert war. Im Mai wurde Altmaier zum Minister ernannt, keinen Monat später gab er bei der großen Nachhaltigkeitskonferenz in Rio de Janeiro den Vorkämpfer der Energiewende. Als wäre er nie etwas anderes gewesen als Umweltminister.

In Rio macht der Neue Termin über Termin, und vergleicht schon damals die Verhandlungen mit einem Tunnelbau: Auch der beginne von zwei Seiten. "Die Kunst ist es, sich dann in der Mitte zu treffen." So ähnlich soll das auch jetzt laufen, im Streit über Stahl, Aluminium, den Welthandel. Nur heißt Rio jetzt Washington.

Vieles hat mittlerweile Routine für Altmaier. Als er vorige Woche sein Amt übernimmt, gibt es im Wirtschaftsministerium kaum einen, dem er keinen Honig um den Bart schmiert. "Alle von Ihnen sind motiviert, wenn ich in Ihre Gesichter schaue", sagt er in der proppenvollen Aula des Ministeriums. "Ich sehe ganz viel Aufbruch." Mittelstand, Handel, Bürokratieabbau, Europa - der neue Minister lässt keine Baustelle aus. "Lassen Sie uns gemeinsam um jeden Arbeitsplatz in diesem Land kämpfen", ruft Altmaier. Was grob auch seine Mission in Washington beschreibt, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung.

Bei der Stabübergabe im neuen Ministerium trägt er, Zufall oder nicht, eine grüne Krawatte. Altmaier, der als Vertrauter Merkels gilt, stand immer auch für eine Annäherung der Union an die Grünen. Als kurzzeitig geschäftsführender Finanzminister während der Jamaika-Verhandlungen hätte er manches möglich gemacht, damit dieses Bündnis zustande kommt. Wird er auch als Wirtschaftsminister eine Brücke zu den Grünen bleiben? Der Spagat wird schwierig. Denn als Energieminister muss Altmaier sich auch um die Zukunft jener Kohle kümmern, die aus Sicht der Grünen keine Zukunft hat. Traditionell fühlen sich Wirtschaftsminister auch der Industrie enger verbunden, als es Grünen lieb ist.

Im drohenden Handelsstreit aber kann Peter Altmaier nur gewinnen. Sollten die USA den Europäern noch Ausnahmen zugestehen, dann fällt ein bisschen vom Glanz auch auf den tatkräftigen Wirtschaftsminister. Bleiben sie aber bei der harten Linie - dann ist ganz allein Donald Trump schuld.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: