Nahaufnahme:Mensch, Mentor, Motor

Nahaufnahme: "Mein Hund kann freundlich, zuverlässig und ehrlich sein, aber nicht ich." Katrin Adt.

"Mein Hund kann freundlich, zuverlässig und ehrlich sein, aber nicht ich." Katrin Adt.

(Foto: oh)

Daimlers oberste Talententwicklerin will Spuren hinterlassen. Das Autoverkaufen allein reichte ihr jedenfalls nicht mehr aus.

Von Alexandra Borchardt

Diese Frau hat Mut, aber womöglich war das nicht immer so. "Vor ein paar Jahren wurde mir klar, dass ich im Beruf immer die Erwartungen anderer erfüllt hatte, ich war in der Rolle des netten Mädchens", sagt Katrin Adt, 43. Und das tut sie nicht etwa unter Freundinnen, sondern auf großer Bühne beim Global Summit of Women. Es geht um den eigenen Auftritt, personal branding im Management-Jargon, und sie gibt den Zuhörerinnen einen Rat: "Mein Hund kann brav und angepasst sein, aber nicht ich."

Jetzt übertreibt sie, denkt man. Schließlich war sie, als sie sich so fühlte, bereits Vertriebschefin von Daimler in Luxemburg, führte 650 Mitarbeiter. Heute verantwortet sie die Personalentwicklung für den Konzern, nennt sich Vice President HR Development and HR Services, und will eine Botschaft loswerden: Jeder müsse herausfinden, welche Spuren er hinterlassen möchte, und konsequent danach handeln. Am Ende sei man selbst schließlich der Einzige, der bewerten könne, ob einem das Leben geglückt sei oder nicht.

Ihr jedenfalls reichte das Autoverkaufen allein nicht aus. Aber was dann? "Ich möchte ein trusted advisor sein", sagt sie, nein, sie habe noch nie darüber nachgedacht, wie man den Begriff übersetze. Jemand sein, der anderen helfe, die eigenen Antriebe zu verstehen und das Beste aus sich herauszuholen, vielleicht so: "Ich möchte andere Leute erfolgreich machen."

Dazu hat Adt nun reichlich Gelegenheit. 870 Mitarbeiter sind ihr in der Personalentwicklung anvertraut, außerdem betreut sie die 1800 Daimler-Mitarbeiter, die ins Ausland entsandt sind, leitet die hauseigene Führungskräfte-Akademie und kümmert sich um die 100 Top-Manager des Konzerns.

Vier davon sind Frauen. Eine von ihnen war Adts erste Vorgesetzte bei Daimler, die heutige Smart-Chefin Annette Winkler. "Das hat mich geprägt", sagt Adt. Man kann nur spekulieren, dass es auch Hürden gegeben haben muss für sie als Juristin in einem Konzern voller Ingenieure, sie selbst klagt darüber nicht. Manchmal habe es auch Vorteile, eine Frau zu sein: "Wenn ich in einem Raum sitze mit 20 Männern, dann kann ich mir auf jeden Fall sicher sein, hinterher erinnern die sich an mich." Bis 2020 sollen 20 Prozent der Führungskräfte weiblich sein, heute liegt der Anteil bei etwas über 14 Prozent.

Vielfalt ist wichtig in einem Konzern, dessen Kunden aus den unterschiedlichsten Kulturen kommen. Außerdem gedeihen damit erwiesenermaßen Innovationen. Der Weg dahin ist allerdings manchmal eher eine Schotterpiste statt eine Autobahn, um bildlich in der Branche zu bleiben. Adt: "Diversity fordert uns. Es ist leichter, mit Menschen zu arbeiten, die uns ähnlich sind."

Sie ist seit 13 Jahren bei Daimler, für den letzten Schritt brauchte sie allerdings einen Umweg. Als in ihr die Erkenntnis gereift war, dass ihre Mission Menschen sind und nicht allein Autos, wechselte sie zur Personalberatung Egon Zehnder. 43 Gespräche führte sie dort, bis sie die Zusage bekam. Ein gutes Jahr später rief Stuttgart an. "Es fiel mir total schwer, gleich wieder zu gehen, aber wie oft kriegt man eine solche Chance?", sagt sie. Bei Daimler komme es ihr zu Gute, dass sie den Konzern und seine Kultur gut kenne: ingenieurgetrieben mit viel Liebe zum Detail. "Und so sind auch unsere Diskussionen", lacht sie.

Der Prozess des Suchens habe sie geprägt, sagt Adt. Sie gehe die Dinge anders an als früher, berücksichtige, dass alle Entscheidungen auch eine emotionale Seite hätten. "Vor zehn Jahren hätte ich noch gesagt, man braucht die richtige Strategie und die richtigen Prozesse, dann klappt das schon. Heute würde ich sagen, die richtigen Leute zu haben, das macht erfolgreich."

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