Nahaufnahme:Lückenschließerin

Nahaufnahme: „Es ist nicht nur richtig, Frauen und Männer gleich zu bezahlen, sondern es ist auch gut fürs Geschäft“. Und damit auch für Investoren. Natasha Lamb.

„Es ist nicht nur richtig, Frauen und Männer gleich zu bezahlen, sondern es ist auch gut fürs Geschäft“. Und damit auch für Investoren. Natasha Lamb.

Die Investorin Natasha Lamb bekämpft ungleiche Löhne. Zum einen, weil sie es für richtig hält, aber auch, weil sie auf die Rendite schaut.

Von Felicitas Wilke

Für eine Aktivistin hält sich Natasha Lamb in den einschlägigen sozialen Netzwerken ziemlich zurück. Seit 2009 hat sie einen Account bei Twitter, aber setzte in dieser Zeit gerade mal 25 Tweets ab und brachte es auf 170 Menschen, die ihrem Profil folgen. Und auf Facebook sind nur ein paar Familienfotos öffentlich einsehbar. Lamb bricht lieber die großen Männer-Netzwerke auf. Die US-Amerikanerin, aufgewachsen auf einer Heidelbeerfarm im Bundesstaat Maine, ist Geschäftsführerin beim Vermögensverwalter Arjuna Capital. Sie gehört zu den Aktivisten unter den Investoren, die Großkonzerne dazu anhalten, Gutes zu tun. "Nicht nur, weil es richtig ist, sondern auch, weil die Unternehmen auf diese Weise die talentierten Bewerber anziehen", wie sie betont. Denn schlaue Leute, die den Betrieb innovativ und profitabel gestalten, freuen Investoren wie sie. Lamb studierte Nachhaltiges Wirtschaften und kritisierte auch schon die klimaschädliche Geschäftsstragetie des Mineralölkonzerns Exxon Mobil. In den vergangenen Jahren beschäftigte sie sich damit, dass Frauen in vielen Konzernen noch immer weniger verdienen als Männer. Apple, Intel und Microsoft haben auf ihre Initiative hin bereits interne Zahlen veröffentlicht, die zeigen, wie viel Männer dort mehr als Frauen verdienen. Jetzt hat Lamb den nächsten Konzern dazu gebracht, Zahlen auf den Tisch zu legen: Diesmal ist es in der Citigroup der erste Vertreter der männlich dominierten Bankenbranche. Frauen verdienten dort im Schnitt 99 Prozent von dem, was Männer bekommen, ließ der Personalchef auf der Website der Citigroup verlauten. Man werde die Gehälter nun "angemessen" erhöhen, um das Lohngefälle zu ebnen, hieß es. 99 Prozent, das klingt nach einem vergleichsweise geringen Lohnunterschied. "Ich schätze, sie werden daran gearbeitet haben", kommentierte Lamb die Zahlen in einem Interview mit Bloomberg TV. Das süffisante Lächeln, das ihr dabei über das Gesicht huschte, darf Citi als kleinen Seitenhieb verstehen. Denn noch im Frühjahr 2017 hatte die Bank sich geweigert, Zahlen zu veröffentlichen. Aufwendig und teuer sei so eine Erhebung, schmetterte der Vorstandsvorsitzende Michael O'Neill den Vorschlag von Lamb damals ab. Jetzt kam der Sinneswandel, auf den Lamb, allem Argwohn zum Trotz, schulterklopfend reagierte. "Die Citigroup nimmt damit eine Führungsrolle bei dem Thema Lohngefälle ein, die wir bislang bei keinem anderen gleichrangigen Finanzdienstleistern beobachten", schrieb sie. Denn die Bank ist bislang das einzige der sechs Finanzinstitute, bei denen sie Zahlen angefragt hatte. Das eine Prozent Lohngefälle, auf das die Citigroup in ihrer Erhebung kommt, zeigt allerdings den bereinigten Gender Pay Gap. Dabei werden die Gehälter von Frauen und Männern bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit verglichen. Hätte das Geldinstitut die Bruttogehälter insgesamt gegenübergestellt, würde sich eine größere Differenz ergeben. Denn bei Citi arbeiten wie bei vielen Finanzdienstleistern und anderen Konzernen deutlich mehr Männer als Frauen in gut dotierten Führungspositionen. Deshalb stellt Lamb klar, dass es ihr auch darum geht, gläserne Decken aufzubrechen. Die Bank müsse jetzt auch dafür sorgen, "dass mehr Frauen in die Führung streben".

Geht es nach der aktivistischen Investorin, folgen bald noch mehr Banken dem Beispiel der Citigroup. Seit diese als erste Bank ihre Zahlen veröffentlicht hat, stehe sie auch wieder in intensiverem Kontakt mit anderen Finanzinstituten, sagte Lamb im Bloomberg-Interview. Um hinzuzufügen: "Ich hoffe auf gute Nachrichten im Frühjahr." Bis dahin hätten die Unternehmen noch ein bisschen Zeit, bereits die eine oder andere Gehaltserhöhung auszusprechen.

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