Nahaufnahme:Green Card fürs Stadion

Nahaufnahme: "Ich weiß auch nicht, warum da nicht eher einer darauf gekommen ist." - Flávio da Silva.

"Ich weiß auch nicht, warum da nicht eher einer darauf gekommen ist." - Flávio da Silva.

(Foto: AP)

Der Besitzer eines US-Fußballvereins ist auf kreativer Sponsorensuche: Wer Geld investiert, bekommt das Arbeits- und Aufenthaltsrecht in den USA.

Von Jürgen Schmieder

Ein kurzes Treffen mit den Spielern nach dem Training. Eine schöne Loge im Stadion mit perfektem Parkplatz. Vielleicht sogar ein Plätzchen im Aufsichtsrat. Das sind die Annehmlichkeiten, mit denen Sportvereine gewöhnlich Sponsoren anlocken. Vieles davon bietet auch Flávio Augusto da Silva, Mehrheitseigner des amerikanischen Fußballklubs Orlando City SC. Doch er bietet noch ein klein bisschen mehr: Wer mindestens 500 000 Dollar in das neue Stadion investiert, der bekommt eine Greencard, jenes begehrte Dokument, das zum Leben und vor allem zum Arbeiten in den USA berechtigt.

Da Silva, 44, klingt zunächst einmal wie ein Lockvogel oder Bauernfänger: "Es ist eine wunderbare Gelegenheit für Menschen, die in die USA ziehen wollen und sich am Wachstum dieses Vereins beteiligen möchten. Für uns ist es eine rein geschäftliche Entscheidung." Er wolle doch nur ein schickes Stadion für seinen Verein bauen. Mit seinem großzügigen Einwander-Angebot habe er bereits 15 Millionen Dollar eingesammelt, insgesamt wolle er die Hälfte der Baukosten von etwa 156 Millionen Dollar dadurch stemmen.

Das Angebot, so unmoralisch es vielleicht klingen mag, ist völlig legal. Es stützt sich auf ein 25 Jahre altes Programm der US-Regierung mit dem Namen EB-5, über das ausländische Investoren für strukturschwache Regionen begeistert werden sollen. Seit der Finanzkrise sind die Anträge stark gestiegen, von weniger als 800 in 2007 auf knapp 9000 im vergangenen Jahr.

Da Silva bekam seine Greencard vor sieben Jahren über eben dieses Programm, als er Geld in ein Bauprojekt im Bundesstaat Vermont investierte. Mittlerweile wird sein Vermögen auf mehr als 300 Millionen Dollar geschätzt, er hat es hauptsächlich mit englischsprachigen Schulen in Brasilien verdient.

"Ich weiß auch nicht, warum da nicht eher einer darauf gekommen ist", sagt er: "Es ist perfekt dafür geeignet, ein Stadion zu bauen." Die 25 000-Sitzplatz-Arena wird derzeit in Downtown Orlando errichtet, staatliche Zuschüsse und Steuervergünstigungen sind kürzlich abgelehnt worden. Die Arbeitslosigkeit in der Gegend ist um mehr als 150 Prozent höher als im US-Durchschnitt, das Projekt bringt Jobs und erfüllt damit alle Anforderungen für die Investoren-Greencard, die es übrigens auch in anderen Ländern unter dem Namen "Golden Visas" gibt. In Portugal etwa wurden darüber seit der Einführung im Jahr 2012 insgesamt 1,53 Milliarden Euro investiert, 80 Prozent davon stammen von chinesischen Geldgebern.

In den USA wird die Investoren-Greencard gewöhnlich für den Bau von Hotels oder Einkaufszentren verwendet, nun hat der Sport diese Möglichkeit für sich entdeckt. Die Infrastruktur einer Multifunktionsarena in Brooklyn wurde darüber finanziert, derzeit suchen vier Vereinseigentümer der Fußballliga MLS nach Geldgebern für neue Stadien, darunter auch David Beckham für seinen geplanten Verein in Miami. Die Liga hat nichts gegen den Greencard-Deal, solange sich die Investoren nicht an den Vereinen selbst beteiligen. Mit dem Plätzchen im Aufsichtsrat wird es also schwierig.

Das EB-5-Programm ist umstritten: Es werde als Einladung zu Korruption und Geldwäsche genutzt, heißt es. Aus vielen Projekten wurde nichts wie jenem, über das da Silva einst wie knapp 700 weitere Investoren eine Greencard bekam. Heute gleicht es einer Ruine. Solange es erlaubt ist, will da Silva davon profitieren und legt zur Greencard und zwei Dauerkarten noch ein Schmankerl drauf: ein mögliches Treffen mit seinem Landsmann Kaká, der seine glanzvolle Karriere bei Orlando City ausklingen lässt.

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