Nahaufnahme:Französin mit Gespür

Nahaufnahme: "Die neuen Regeln zwingen Europas Banken dazu, Marathon mit Stöckelschuhen zu laufen", sagt Sylvie Matherat.

"Die neuen Regeln zwingen Europas Banken dazu, Marathon mit Stöckelschuhen zu laufen", sagt Sylvie Matherat.

(Foto: Bloomberg)

Auf die neue Vorstandsfrau der Deutschen Bank kommt es an: Die Französin Sylvie Matherat soll dafür sorgen, dass künftig alle Regeln eingehalten werden.

Von Meike Schreiber

Unlängst saß Sylvie Matherat auf einem Podium. Die Französin - gepflegte Kurzhaarfrisur, dunkles Sakko, lässige Eleganz - sprach darüber, dass die globalen Banken gleichen Regeln unterliegen sollten. "Wenn man Marathon läuft, braucht man gute Sportschuhe", sagte sie. "Die neuen Regeln aber zwingen Europas Banken dazu, Marathon mit Stöckelschuhen zu laufen." Welche Schuhe sie an dem Tag trug, ist auf dem Konferenzvideo nicht zu sehen. Fest steht aber: Solche Vergleiche fallen wohl nur Frauen ein.

Bei der Deutschen Bank kommt es jetzt aber nur am Rande auf ihre weibliche Perspektive an. Dort wird die 53-Jährige im Zuge des Führungsumbaus Vorstandsmitglied, zuständig für das neue Ressort Regulierung, Kampf gegen die Finanzkriminalität und Compliance, also die Einhaltung der Regeln. Für sich genommen wäre das keine Nachricht, wäre das Spitzengremium von Deutschlands größtem Geldinstitut nicht seit 20 Jahren männerdominiert und damit branchenweites Symbol für die Schwierigkeiten von Frauen, im Bankgeschäft Karriere zu machen. Vor zwanzig Jahren war die bei Kollegen sehr beliebte Vorstandsfrau Ellen Schneider-Lenné - noch im Amt - nach schwerer Krankheit gestorben. Seither hat es das Institut trotz aller Bekenntnisse nicht mehr geschafft, Frauen in die oberste Führung ziehen.

Matherat aber ist nun oben angekommen, und bei ihrem Posten geht es um mehr als nur darum, den Vorstandskollegen auf die Finger zu schauen. Es geht darum, die Bank besser auf die neuen Regeln vorzubereiten. Längst vorbei sind die Zeiten, dass sich Spitzenbanker dadurch auszeichneten, das Auf und Ab an den Finanzmärkten gut vorhersagen zu können. Heute hat im Bankgeschäft Erfolg, wer die Regulierungsvorhaben deuten kann. Ex-Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain zum Beispiel nahm lange nicht ernst, was die Regulierer weltweit ausheckten. In der Folge verschätzte er sich mehrfach, wie viel Kapital die Bank dauerhaft zur Seite legen muss - ein unverzeihlicher Kardinalfehler.

Außerdem muss Matherat die Beziehungen zu den Finanzaufsehern kitten. Zwar mag der neue Vorstandschef John Cryan gerade alle Vorstände ausgetauscht haben, die in die Affären der vergangenen Jahre involviert waren, damit jedoch sind die alten Gräben noch nicht überwunden. Bislang hat die Bank für Rechtsstreitigkeiten fast zehn Milliarden Euro gezahlt. So teuer hätte es nicht sein müssen, hätte das Institut besser mit den Behörden kooperiert.

Für ihre neue Rolle bringt Matherat alles mit: Da ist zum einen hilfreich, dass sie - als oberste Ansprechpartnerin der Regulierungsbehörden - erst gut ein Jahr bei der Deutschen Bank arbeitet. Mit den Seilschaften aus Skandalzeiten dürfte sie kaum verbandelt sein. Aber da ist auch ihre Vorgeschichte, sowohl als Bankenaufseherin als auch als Bankerin: Seit 1986 arbeitete sie bei der französischen Notenbank, zuvor und zwischendurch bei den französischen Großbanken Société Générale und BNP Paribas. Als Abgesandte in der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich wirkte sie außerdem an den neuen Eigenkapitalvorschriften mit. Studiert hat sie Jura an der französischen Eliteuniversität Science Po in Paris.

Privat ist über Matherat bislang wenig bekannt: Sie ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und spricht etwas Deutsch. Samstags schwimmt sie angeblich regelmäßig, um sich fit zu halten.

Schon jetzt übrigens ist klar, dass Matherat nicht lange die einzige Frau im Deutsche-Bank-Vorstand sein wird; demnächst soll jedenfalls noch die IT-Expertin Kim Hammonds dazustoßen. Ihre Kollegin Nadine Faruque hingegen - die zuletzt auch als Kandidatin für den Posten galt - bleibt vorerst außen vor.

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