Nahaufnahme:Erfolgreiche Notlösung

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"Für die heutige Generation ist die Arbeit mit dem Computer normal, für die nächste wird sie mit Robotern selbstverständlich sein." Till Reuter. (Foto: Marek Vogel/Kuka)

Till Reuter, der Vorstandschef des Augsburger Roboterherstellers Kuka, erfreut Aktionäre und Mitarbeiter. Einst war er nur Interimschef. Nach sechs Jahren hat er für Wachstum bei Umsatz, Belegschaft und Aktienkurs gesorgt.

Von Stefan Mayr

Als Till Reuter Ende 2009 beim Augsburger Roboterhersteller Kuka den Vorstandsvorsitz übernahm, gab es einige skeptische Stimmen. Ein Jurist aus dem Rheingau als Chef der schwäbischen Tüftler? Ein 41-jähriger ehemaliger Investmentbanker aus dem Pleitehaus Lehman Brothers soll das angeschlagene Unternehmen aus der Krise führen? Kann der Mann das überhaupt?

Reuter war zunächst nur als Interims-Vorstand angetreten. Heute, sechs Jahre später, steht er mit durchgedrücktem Rücken, straff zurechtgegeltem Scheitel und grell orangefarbener Krawatte am Rednerpult und verkündet eine Rekordzahl nach der anderen. "Wir gestalten die Fabriken der Zukunft", sagt der 47-Jährige. "Wir wollen bei der Umsetzung von Industrie 4.0 eine führende Rolle einnehmen." Wer ihn so reden hört bei der Hauptversammlung vor 600 Aktionären in der Kongresshalle Augsburg, muss feststellen: Der Mann kann nicht nur Roboter, er ist sogar einer: ein Renditeroboter.

In seiner Chefzeit katapultierte er den Aktienkurs von zehn Euro im Jahre 2009 auf heute 73 Euro. Beim Umsatz knackte Kuka im Geschäftsjahr 2014 erstmals die Zwei-Milliarden-Marke. Das Ergebnis nach Steuern stieg von 58 auf 68 Millionen Euro. Die Mitarbeiterzahl sprang von 8000 auf 12 000 Beschäftigte. Die Dividende stieg von 30 auf 40 Cent pro Aktie und verdoppelte sich innerhalb von zwei Jahren. Das gefällt nicht nur den Investoren, sondern auch den Arbeitern und Ingenieuren.

2014 war das erfolgreichste Jahr in der 117-jährigen Geschichte des Traditionsunternehmens. Reuter selbst verzeichnete ebenfalls ein Rekordjahr: Inklusive aller Boni verdiente der Sohn eines mittelständischen Heizölhändlers 2,7 Millionen Euro. Auch künftig wird der ehemalige Marathon-Läufer und Triathlet keine Ruhe geben. "Wir haben uns entschieden, nicht zu warten, bis andere Firmen Standards setzen", sagt er. Wenn er über seine Pläne spricht, verschluckt der Schnellredner pro Satz mindestens eine Silbe.

"Herr Reuter macht hervorragende Arbeit", sagt Hubert Lienhard, Geschäftsführer der Voith GmbH. Der Technologie-Konzern hat sich zuletzt 25,1 Prozent der Kuka-Anteile gesichert. Lienhard wurde am Mittwoch in den Aufsichtsrat gewählt. Damit vollzog Kuka einen weiteren Umbruch: Der einst als Heuschrecke gefürchtete US-Investor Guy Wyser-Pratte verließ den Aufsichtsrat, nachdem er zuvor den Großteil seiner Aktien mit großem Gewinn verkauft hatte. Er verabschiedete sich mit einem Lob an Reuter: "Kuka ist gesegnet mit einem Vorstand mit großartiger Expertise. Und vor allem mit Visionen."

Für Till Reuter sieht die Arbeitswelt künftig so aus: "Wie für uns heute die Arbeit mit dem Computer ganz normal ist, so wird sie für die nächste Generation mit Robotern selbstverständlich sein." Er spricht von Leichtbaurobotern, die "Hand in Hand mit Menschen" arbeiten. Ganz ohne den bislang obligatorischen Schutzzaun. Er spricht von "Kleinrobotern zur Handyproduktion". Noch in diesem Jahr will er neue Produkte in ganz neuen Bereichen vorstellen. Für 2015 kündigt Reuter eine Umsatzsteigerung auf 2,8 Milliarden Euro an. Bis 2020 will er den Umsatz auf 4,0 bis 4,5 Milliarden Euro verdoppeln.

Dieses Wachstum wird wohl nicht ohne weitere Zukäufe möglich sein - 2014 kaufte Kuka gleich drei Firmen: Reis Robotics, Swisslog AG und Alema Automation. Aber Reuter glaubt, seine Ziele seien durch rein organisches Wachstum zu stemmen. Aufsichtsratschef Bernd Minning ist da offener: Kuka müsse nicht nur rein organisch, sondern auch " durch strategische Zukäufe wachsen". Umsetzen wird es in jedem Fall Till Reuter, der einstige Interims-Vorstand. Sein Vertrag läuft bis 2020.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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