Nahaufnahme:Er bleibt ungemütlich

Nahaufnahme: "Ich empfinde eine leise Genugtuung", sagt Gerhard Strate.

"Ich empfinde eine leise Genugtuung", sagt Gerhard Strate.

(Foto: dpa)

Gerhard Strate ist nicht nur einer der profiliertesten Anwälte der Republik, sondern auch einer der streitbarsten. Nun hat er den HSH-Vorstand vor Gericht gebracht.

Von Klaus Ott

Strafverteidiger sind dann besonders erfolgreich, wenn sie vermeintliche Übeltäter bei der Justiz heraushauen und vor einem Prozess bewahren, weil an den Anschuldigungen entweder nichts dran ist, oder weil sie zumindest nicht bewiesen werden können. Zu den größten Erfolgen des Hamburger Anwalts Gerhard Strate zählt, genau das Gegenteil erreicht zu haben. Der frühere Vorstand der HSH-Nordbank mit Ex-Chef Dirk Jens Nonnenmacher an der Spitze kommt wieder vor Gericht; wegen des Vorwurfs, Millionenbeträge verzockt zu haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen früheren Freispruch für Nonnenmacher und dessen Kollegen aufgehoben. Das geschah auf Antrag der Hamburger Staatsanwaltschaft.

Ausgelöst hat das HSH-Verfahren freilich Anwalt Strate, mit einer Reihe von Strafanzeigen wegen Veruntreuung von Bankvermögen. "Ich empfinde eine leise Genugtuung", sagt Strate über den BGH-Entscheid. Die Anzeigen gegen den HSH-Vorstand hatte Strate nicht im Auftrag eines Mandanten gestellt, wie Anwälte das normalerweise tun. Sondern aus eigenem Antrieb, worüber manche Kollegen die Nase rümpfen. Das mache man nicht als Verteidiger. Strate, 66, ist diese Kritik egal. Er ist nicht nur einer der profiliertesten und teuersten Anwälte der Republik. Sondern auch einer der streitbarsten. "Berufs-Querulant" und "Quälgeist der Justiz" haben ihn die taz und die Zeit genannt.

Ein Querdenker war der Jurist mit der runden Brille und der Liebe zum Detail schon immer. In jungen Jahren gehörte er dem Kommunistischen Studentenverband an. Später zeigte er während des Kosovo-Konflikts die Bundesregierung an, weil diese einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führe. Strate verteidigt vermeintliche und echte Mörder, Bankräuber, angebliche Terroristen oder Justizopfer wie Gustl Mollath genauso leidenschaftlich wie Manager und Industrielle. Einer seiner prominentesten Klienten ist VW-Patriarch Ferdinand Piëch, dem Strate nach dem Übernahmekampf zwischen Porsche und Volkswagen einen Prozess ersparte. Gegen Piëch war wegen Beihilfe zur Börsenmanipulation ermittelt worden.

Eine andere Spezialität von Strate sind Strafanzeigen. Zuletzt hat er gleich mehrere für Carsten Maschmeyer gestellt, jenen Multimillionär aus Hannover, der mit seinem umstrittenen Finanzvertrieb AWD viele Anleger ausgenommen haben soll. Maschmeyer bestreitet das. Strate interessiert nicht das Image seiner Mandanten, sondern der Fall. Und da hat Maschmeyer viel zu bieten. In dessen Auftrag zeigte der Hamburger Jurist eine Schweizer Bank wegen dubioser Aktiendeals an und trug so dazu bei, dass umfangreiche Ermittlungen wegen Steuerbetrugs in Gang kamen. Zahlreiche Geldinstitute haben den deutschen Fiskus mit solchen Deals um Milliardenbeträge erleichtert.

Die Banken haben es dem angriffslustigen Strafverteidiger ohnehin angetan. Einer seiner Mandanten, eine Hamburger Kiez-Größe, wurde 2008 zu Gefängnis verurteilt. Die Kiez-Größe habe eine kleine Bank übers Ohr gehauen, befand die Justiz. Ein Fehlurteil, so sah es Strate. Just zu dieser Zeit verloren teils staatliche Geldinstitute wie die HSH Milliardenbeträge mit windigen Geschäften. Doch die Justiz zögerte, gegen Bankvorstände vorzugehen. Das ärgerte Strate derart, dass er sich akribisch in komplizierteste HSH-Deals einarbeitete und Anzeige um Anzeige schrieb. "Dr. No" und seine Kollegen kamen auf die Anklagebank, wurden freigesprochen und haben nun einen neuen Prozess vor sich. Beim Hamburger Landgericht; jenem Gericht, das damals Strates Kiez-Klienten in den Knast geschickt hatte.

"Ich liebe diesen Staat als Rechtsstaat", hat Strate vor Jahren gesagt.

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