Nahaufnahme:Die Kurve gekriegt

Nahaufnahme: "Wir würden das mit den Kündigungen heute anders machen, das haben wir unterschätzt." Valentin Stalf

"Wir würden das mit den Kündigungen heute anders machen, das haben wir unterschätzt." Valentin Stalf

(Foto: oh)

Valentin Stalf, Gründer des Fintech-Unternehmens Number 26, gewinnt neue Investoren.

Von Meike Schreiber

Bescheidenheit ist Valentin Stalfs Sache nicht. Wann immer der Gründer des Finanz-Start-ups Number 26 zuletzt öffentlich auftrat, erklärte er den traditionellen Banken, wie die Geschäfte wirklich laufen. Warum sie also so ziemlich alles falsch und seine Smartphone-Bank es richtig mache. Allerhöchstens Mittelmaß seien die Konto-Apps der Konkurrenz, und ohnehin wollten junge Kunden nicht ernsthaft auch noch Filialen besuchen. Wenn dann gar 60-jährige Banker Entscheidungen träfen, dann: gute Nacht. Recht überzeugend wirkte der Gründer - 30 Jahre, blonde Haare, Typ Mädchenschwarm - bei seinen Auftritten.

Kein Wunder, dass die Häme des Establishments groß war, als sich Stalf und seine Leute Anfang Juni einen gewaltigen Lapsus leisteten. Rund 500 Kunden hatte Number 26 ihr Girokonto gekündigt. Und weil sich Stalf zu den Hintergründen der Massenkündigung zunächst ausschwieg, entfachte das sofort einen Shitstorm in den sozialen Netzen. Erst als Number 26 aufklärte, dass "sehr häufiges Bargeldabheben" Grund für die Kündigungen war, beruhigte sich die Lage ein wenig.

Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon nutzte die Steilvorlage gleichwohl und bemerkte trocken, es sei eben etwas anderes, "für 5000 besonders Interessierte" eine innovative Onlinelösung zu entwickeln, als für 50 Millionen Kunden dauerhaft ordentliche Bankgeschäfte zu bieten.

Tatsächlich aber ging dies ebenso an der Wahrheit vorbei wie Stalfs überspitzte Diagnose, bei den Oldschool-Banken säßen quasi nur digitale Analphabeten an den Schalthebeln. Denn seit der Gründung vor zwei Jahren hat Stalf mit seiner Konto-App samt kostenloser Kreditkarte immerhin 200 000 Kunden gewonnen. Brauchten Direktbank-Pioniere wie Cortal Consors vor zwanzig Jahren noch fünf Jahre, um die ersten 100 000 Kunden zu gewinnen, ist das heute binnen Monaten möglich.

Nun ist auch das weitere Wachstum des Berliner Start-ups gesichert. Wie Stalf am Dienstag auf einer Branchenkonferenz in Madrid verkündete, haben illustre Investoren gerade weitere 40 Millionen Dollar in das Unternehmen gesteckt. Das ist ein gewaltiger Betrag für ein Fintech, so nennen sich die jungen Finanz-Start-ups. Aus dieser Riege hat bislang lediglich ein deutsches Jungunternehmen mehr Kapital eingesammelt. Mit dabei sind nicht nur Tech-Pionier Peter Thiel, der bereits 2015 investiert hat, sondern auch Li Ka-shing, einer der reichsten Männer Asiens, und die Gründer des Modehändlers Zalando.

"Es sind allesamt Investoren, die uns auch die nächsten fünf bis zehn Jahre noch unterstützen können", hofft Stalf. Außerdem wüssten sie, wie man ein Unternehmen aufbaut und später einmal sogar auf einen Börsengang vorbereitet.

Bis dahin aber wird Stalf zeigen müssen, dass Number 26 tatsächlich Geld verdienen kann. Das Girokonto ist schließlich kostenlos, genauso wie die Kreditkarte zum Geldabheben. Weil das Start-up dafür allerdings Gebühren an andere Banken zahlt, hatten sie eben jene Kunden herausgeworfen, die zu häufig abgehoben haben.

Stalf klingt in diesen Tagen nicht mehr ganz so angriffslustig. "Wir würden das mit den Kündigungen heute anders machen, das haben wir unterschätzt", sagt er. Künftig will er den Kunden besser erklären, dass sie nicht so oft abheben sollen.

Dauerhaft wird der Jungunternehmer nicht in Demut versinken. Dafür ist der Österreicher - Studium in St. Gallen, Stationen bei der Deutschen Bank und einer Beratung - zu sehr auf Erfolg getrimmt. In seinem Büro hat er immer einige Bücher von Tesla-Gründer Elon Musk oder Peter Thiel herumstehen, die er Kollegen in die Hand drückt. Die hätten sich auch nie beirren lassen, selbst wenn mal etwas schiefgelaufen sei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: