Nahaufnahme:Der Test-Pilot

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Guillaume Faury ist der Gewinner des Machtkampfs bei Airbus - der frühere Testpilot für Hubschrauber leitet jetzt das wichtigste Geschäft. Aber kommt da noch mehr?

Von Caspar Busse

Auch für ihn selbst dürfte die Beförderung am vergangenen Freitag durchaus eine Überraschung gewesen sein. Der Verwaltungsrat des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus berief Guillaume Faury, 49, zum neuen Chef des Geschäfts mit zivilen Flugzeugen, der mit Abstand wichtigsten und prestigeträchtigsten Sparte des gesamten Unternehmens. Damit ist der zurückhaltende, sportliche und, obwohl fast 50, noch jugendlich wirkende Franzose, der als medienscheu gilt, der große Gewinner des internen Machtkampfs bei Airbus: Vorgänger Fabrice Brégier, 56, wird seinen Posten im Februar aufgeben, Konzernchef Tom Enders, 58, wird seinen bis 2019 laufenden Vertrag nicht verlängern. Wer dem Deutschen nachfolgt, ist bislang offen.

Ähnlich wie Brégier und Enders, die beide fast ihr gesamtes Berufsleben bei Airbus oder den Vorläuferfirmen verbracht haben, hat auch der studierte Luftfahrtingenieur Faury nach dem Studium auf einschlägigen Elitehochschulen in Frankreich seine Karriere bei Airbus gestartet. Er fing 1998 bei dem Hubschrauberhersteller Eurocopter, der seit 2013 Airbus Helicopters heißt, an, war dort unter anderem an der Entwicklung ganzer Modellreihen beteiligt und Leiter der Flugversuchsabteilung für schwere Hubschrauber. So steuerte Faury teilweise selbst die Maschinen, war professioneller Test-Pilot, inzwischen aber ist seine Fluglizenz erloschen, weil er keine Zeit mehr dafür hat, sagt er.

Im Jahr 2008 verließ Faury Airbus und wechselte zum Autobauer Peugeot-Citroën, wurde dort Mitglied des Vorstands und war unter anderem für Forschung und Entwicklung zuständig. Es war eine schwierige Zeit, denn die französischen Autohersteler litten besonders unter der Krise. 2013 kam Faury zurück zu Airbus, er habe Erfahrungen mitgebracht, sagte er einmal in einem SZ-Interview: "Ich habe viel gelernt, was auch in der Luftfahrt wichtig ist." Dazu gehöre der starke Glaube in Standards und die Fähigkeit, eine große Zahl von Problemen schnell zu lösen. Die Hubschrauber-Sparte übernahm Faury damals in schwerer Zeit. Die Geschäfte liefen schlecht, es gab Unfälle, einige Maschinentypen durften vorerst nicht mehr fliegen. Faury sanierte und baute um, konzentrierte sich stärker auf zivile Maschinen, zum Beispiel für die Ölindustrie oder zur Wartung von Windanlagen auf hoher See. Er legte mehr Wert auf Sicherheit, Qualität und Kundenzufriedenheit - und hatte Erfolg.

Im Unternehmen genießt Faury, der seit 2014 auch Mitglied des Konzernvorstands ist, einen guten Ruf, obwohl er das Hubschrauber-Geschäft deutlich umbauen musste, was nicht jedem gefiel. Dabei hat sich Faury, der in Le Havre am Ärmelkanal geboren wurde und mit seiner Familie in Paris lebt, immer zu Europa bekannt. "Ich denke nur europäisch", sagte er mal. Und: "Wenn Deutschland und Frankreich gemeinsam nach vorne gehen, dann sind wir sehr stark. Alles andere schwächt das Unternehmen." Die Hubschrauber-Sparte hat je einen großen Standort in Marignane in Südfrankreich und im bayerischen Donauwörth. Hier musste Faury bisher schon immer wieder die deutschen und die französischen Interessen abwägen. Nach Faurys Meinung sei heute bei Mitarbeitern nicht mehr die Nationalität wichtig, sondern die Frage: Wer sind wir? Wer kann was?

Faury gehöre schon zur nächsten Generation, sagte Enders vergangene Woche. Das Verhältnis der beiden gilt als gut, nicht nur weil Enders in seiner Freizeit gerne Hubschrauber fliegt. Anders als Brégier, der übrigens auch aus der Hubschrauber-Division kam, wird Faury künftig nicht in Personalunion das gesamte operative Geschäft des Konzerns leiten. Als Spekulation gilt bislang, dass Faury möglicherweise auch als Enders-Nachfolger taugen könnte.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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