Nahaufnahme:Der Roboter trägt die Tüten

Nahaufnahme: Mehr als 8000 Kilometer habe ihr Lieferroboter schon zurückgelegt - ohne einen Unfall, erzählen die Starship-Gründer Janus Friis und Ahti Heinlaame.

Mehr als 8000 Kilometer habe ihr Lieferroboter schon zurückgelegt - ohne einen Unfall, erzählen die Starship-Gründer Janus Friis und Ahti Heinlaame.

(Foto: PR)

Erstmals wird in einer deutschen Stadt eine Maschine die Einkäufe nach Hause bringen.

Von Varinia Bernau

Immerhin, auf dem Firmengelände des Handelskonzerns Metro in Düsseldorf war der Roboter neulich schon unterwegs. Er hat Schokoriegel in den Betriebskindergarten gebracht. Es war ein Probelauf - und für ihn eigentlich ein Klacks. Nicht nur weil der Roboter locker zwei große Einkaufstüten mit etwa 15 Kilogramm schafft. Sondern vor allem, weil ihm wenig in die Quere kam: kein Hund, kein Rollerfahrer, kein Kinderwagen. In den nächsten Wochen wird er sich erstmals unter realen Bedingungen in den deutschen Stadtverkehr wagen. Zu echten Kunden.

Äußerlich erinnert der fleißige Tütenträger, den das Start-up Starship Technologies entwickelt hat, an einen Bollerwagen im Plastikmantel. Was ihn auszeichnet, sind seine inneren Werte: Navigationssoftware, GPS-Sensor und Kamera. Er kommt ähnlich wie selbstfahrende Autos voran. Nur eben auf dem Bürgersteig, in Schrittgeschwindigkeit. Anders als R2-D2 hat er keine Beine, sondern sechs kleine Räder. Bordsteinkanten sind für ihn kein Problem, Treppen hingegen schon. Deswegen wird er auch in Düsseldorf wohl vor allem Reihenhäuser ansteuern. In einem Radius von etwa fünf Kilometern soll er im Netz bestellte Ware ausliefern. Nach einer Runde muss er an die Steckdose. Da sich aber auch ein Roboter an die Straßenverkehrsordnung halten muss, wird die Stadt zunächst wohl nur eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Ein Aufpasser wird die Maschine in einigen Metern Entfernung begleiten - und auch verdutzten Kunden erklären, wer denn da ein Paket bringt.

Die Erwartungen an den Starship-Roboter sind enorm: Nicht nur der Handelskonzern Metro, der nun vor allem Produkte aus seinen Media- und Saturn-Märkten ausliefern lässt, unterstützt die Testfahrt über die Trottoirs. Der Logistiker Hermes schickt ihn demnächst als Paketboten durch eine andere deutsche Stadt, in London ist er für den Essenslieferanten Just Eat im Einsatz. Sie alle träumen davon, es ihren Kunden noch etwas bequemer zu machen. Die letzte Meile ist nämlich die heikelste in der Lieferkette: Die frisch gebackene Pizza muss warm, der Käse aus dem Supermarkt kühl gehalten werden. Und schließlich will niemand auf die Lieferung eines Pakets warten.

Einige dieser Hürden will Starship überwinden helfen. Eines Tages sollen die von dem Start-up entwickelten Roboter selbständig unterwegs sein. Ein Mensch soll dann von einem Kontrollzentrum aus etwa hundert der Maschinen im Blick behalten, um in heiklen Situationen per Fernsteuerung einzugreifen. Der Kunde kann den Roboter dann auf dem Smartphone verfolgen und damit auch die verschlossene Box öffnen, die er quasi auf dem Rücken trägt. Und das alles soll deutlich preiswerter als bisher passieren: Die Lieferkosten liegen im Durchschnitt 15 Prozent unter den herkömmlichen, versprechen die Gründer von Starship. Die sind in der Start-up-Szene keine Unbekannten: Janus Friis und Ahti Heinla haben einst den Internettelefondienst Skype entwickelt, der inzwischen zu Microsoft gehört. Vor zwei Jahren haben sie Starship gegründet.

Und wie das so ist bei Eltern: Die beiden sind mächtig stolz auf ihr Baby. Bei den bisherigen Tests, so prahlen sie, haben die Roboter bereits mehr als 8000 Kilometer ohne einen einzigen Unfall zurückgelegt. Nun geht es daran, Erfahrungen im Alltag zu sammeln. Und dabei wird sich der Roboter sicherlich auch ein paar Schrammen holen. Nur einen Namen hat das Baby noch nicht. Bisher ist nämlich noch nicht ganz klar, ob die Entwickler den Tütenträger gegen eine Gebühr selbst beschäftigen - oder ob sie ihn gewissermaßen ungetauft an die Händler oder Logistiker verkaufen. Dann könnten diese den Robotern einen eigenen Namen geben.

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