Nahaufnahme:Der Netzwerker

Nahaufnahme: "Es geht um die Schnittstelle zwischen der physischen und der digitalen Welt." Dan Doctoroff.

"Es geht um die Schnittstelle zwischen der physischen und der digitalen Welt." Dan Doctoroff.

(Foto: Bloomberg)

Er war schon Banker, Medienmanager und Politiker. Nun will Dan Doctoroff New York auch noch mit schnellen Internetanschlüssen beglücken.

Von Kathrin Werner

Dan Doctoroff ist ein Macher: forscher Schritt, fester Händedruck, durchgeplanter Kalender. Bei seinem ersten Triathlon, erzählt er, ist er fast gestorben. Aber er hat ihn beendet. Er hat eine Schwäche für Schokokaramell, aber trotzdem gerade zehn Kilo abgenommen. Wenn er redet, dann Klartext. Eigentlich. Als er kürzlich von seinem neuen Projekt erzählte, klang das anders: Um "urbane Innovationen" soll sich Sidewalk Labs kümmern, das der 56-Jährige gemeinsam mit Google gegründet hat. Es gehe um "die Schnittstelle zwischen der physischen und der digitalen Welt" und "neue Produkte, Plattformen und Partnerschaften". Ziemlich vage.

Langsam wird die Sache klarer: Als Anführer eines Konsortiums hat Sidewalk Labs die Firmen gekauft, die New York mit 10 000 kostenlosen Mobilfunkstationen versorgen wollen. Von September an wandeln sie alte Telefonzellen in Internetzugänge um, man soll auch sein Handy aufladen und ins Festnetz telefonieren können. Und das, ließ Sidewalk Labs wieder etwas geheimnisvoll wissen, sei erst der Anfang.

Doctoroff brauchte einen neuen Job. Bis Ende 2014 war er Chef des Medienkonzerns Bloomberg, zu dem unter anderem die Wirtschaftsnachrichtenagentur und das Magazin Businessweek gehören. Und zuvor, als der Medienmanager Michael Bloomberg noch Bürgermeister in New York war, dessen Stellenvertreter. Bloomberg, schwerreich und rastlos, übernahm im September vergangenen Jahres selbst wieder das Ruder bei seinem Unternehmen mit den 16 000 Mitarbeitern, in das er sich eigentlich nicht mehr so stark einmischen wollte. Bloomberg und Doctoroff sind seit Langem Freunde, doch unter und neben dem Multimilliardär wollte Doctoroff nicht mehr arbeiten.

Dabei umgibt sich Bloomberg gern mit Finanzleuten - auch Doctoroff ist einer. Vor seiner Karriere als Medienmann und Staatsdiener war der Harvard-Absolvent Investmentbanker bei Lehman Brothers und arbeitete bei einem Finanzinvestor. Auch sein öffentliches Amt ist er managermäßig angegangen. Jetzt also die Rückkehr in die Wirtschaftswelt - wenn auch an einer Schnittstelle zur öffentlichen Verwaltung. Denn für alles, was Sidewalk Labs plant, muss das Start-up mit Stadtentwicklern zusammenarbeiten.

Damit kennt sich kaum einer besser aus: Als Bürgermeister-Vize unter Bloomberg hat Doctoroff den wirtschaftlichen Wiederaufbau New Yorks nach den Anschlägen vom 11. September 2001 vorangetrieben - mit Erfolg, unter anderem im Tourismusgeschäft: New York boomt. Doctoroff hat der Stadt außerdem Fahrradwege und neue Parks wie die High Line und den Brooklyn Bridge Park mit Blick auf die Freiheitsstatue verpasst und energieeffiziente Gebäude gefördert.

Doctoroffs Google-Tochter hat große Pläne: Auch in anderen Städten soll die Firma die Internetzugänge verbreiten. Das nötige Geld hat der Mutterkonzern, Tatendrang ebenfalls. Googles spannendste Projekte haben wenig mit Internetsuchmaschinen zu tun, Google-Töchter beschäftigen sich zum Beispiel mit selbstfahrenden Autos oder Hightech-Thermostaten. Google arbeitet sogar an einer Technik für das ewige Leben.

Im Vergleich dazu kommen Sidewalk Labs Pläne bescheiden daher. Auch andere Internetunternehmen wie Facebook arbeiten derzeit daran, nicht nur ihre Dienste im Internet anzubieten, sondern auch das Internet selbst zu den Menschen zu bringen, per Ballon, Drohne oder Satellit. Es ist ein riesiger Markt, der auch das Kerngeschäft ankurbelt. Allein in den Vereinigten Staaten haben 55 Millionen Menschen keinen Zugang zu schnellem Internet. In Entwicklungsländern warten Milliarden Menschen auf das schnelle Netz.

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