Nahaufnahme:Der Möbelhändler

Nahaufnahme: "Ich bin das Produkt von wunderbaren Eltern, die es durch schwierige wirtschaftliche Zeiten in ihrem Leben geschafft haben." Jim Hackett.

"Ich bin das Produkt von wunderbaren Eltern, die es durch schwierige wirtschaftliche Zeiten in ihrem Leben geschafft haben." Jim Hackett.

(Foto: AP)

Der neue Ford-Chef Jim Hackett soll den Konzern vermessen. Er war zuvor viele Jahre Chef des Büromöbelherstellers Steelcase, wo es um neue Konzepte ging.

Von Thomas Fromm

Jim Hackett leitet bei Ford seit etwas mehr als einem Jahr die Sparte für autonomes Fahren und neue Mobilitätsdienstleistungen, und das klingt zunächst einmal nach einer perfekten Voraussetzung für den neuen Job als Ford-Chef. Wer sich in diesen Zeiten bei einem Autobauer um die Geschäftsfelder der Zukunft kümmert, der kann gleich auch den Rest des Konzerns machen.

Vielleicht gerade weil sich die Autobranche so rasant verändert, ist es heute aber eher zweitrangig, ob einer viel über das Autogeschäft weiß. Der 62-jährige Hackett jedenfalls hat nur drei Jahre in der Autoindustrie verbracht. Er war zwar von 1994 bis 2014 Chef eines Unternehmens - allerdings war dies ein Hersteller von Büromöbeln, die mit Autos wenig bis gar nichts zu tun haben. Benzin im Blut? Nicht wirklich.

Aber über Hackett heißt es, er habe bei seinem früheren Job einen wichtigen Trend erkannt. Den Wandel von kleinen, abgetrennten Büroboxen hin zum nach allen Seiten hin offenen Raumkonzept im Großraumbüro. Für seinen damaligen Arbeitgeber Steelcase hieß das: neue Bürokonzepte, neue Möbel - und auch eine neue Kultur. So etwas Ähnliches wird man von dem Mann jetzt auch bei Ford erwarten. Zuerst schauen, wo es langgeht. Dann neue Zeiten, neue Autos, neue Kultur. Dass Hackett zwischenzeitlich auch noch Manager für Hochschulsport an der Universität von Michigan war, zeigt: Irgendwie macht dieser Mann so ziemlich alles. Und doch, ein Selbstläufer wird der Job in Detroit nicht werden. Mit Donald Trump hat man einen Präsidenten in Washington, der von seinen Autobossen viel erwartet, vor allem, dass sie sein Land mit Jobs versorgen. Ford aber will an die 20 000 Jobs abbauen, was wiederum so lange kein Problem für Mister Trump sein dürfte, solange diese Jobs nicht in den USA, sondern woanders verloren gehen.

Absatzrückgänge, ein immer härterer Wettbewerb, dazu noch der kalifornische Elektroautobauer Tesla, der anders als Ford oder Chrysler ein Unternehmen ohne Historie oder Massenverkäufe ist. Aber dafür mit hohem Börsenwert, was wiederum zeigt, dass die Marktgesetze von früher nicht mehr gültig sind. Andererseits ist aber auch noch nicht klar, wie die neuen Spielregeln funktionieren und wer von ihnen am Ende profitieren wird.

In Zeiten ohne gültige Spielregeln sind Möbelverkäufer und Sportmanager gefragt - solange sie wissen, wo es langgeht.

Der scheidende Ford-Chef Mark Fields hat eine fast 30-jährige Konzernkarriere hinter sich. Seit er 2014 den Chefsessel übernahm, ist der Aktienkurs allerdings um etwa 40 Prozent geschrumpft. Für Konzernpräsident und Konzernerbe Bill Ford ist dies offenbar der Beleg: Es reicht nicht, lange im Konzern zu sein und ihn zu kennen. Wichtiger ist es, zeitig zu erkennen, wie Menschen in Zukunft sitzen wollen, damit man ihnen zur neuen Sitzordnung auch die passenden Möbel liefern kann.

Was Hackett nun für Deutschland bedeutet, wo der Konzern 24 000 Menschen beschäftigt? Bei Großveränderern und Sanierern wie Hackett geht es am Ende um Jobs; und zwar um die Jobs, die der Sanierer für nicht mehr zukunftsträchtig hält.

Bei Steelcase wurden Standorte geschlossen und Jobs gestrichen. "Ich bin das Produkt von wunderbaren Eltern, die es durch schwierige wirtschaftliche Zeiten in ihrem Leben geschafft haben", sagte er mal in einem Interview.

Wirtschaftlich harte Zeiten, eine Familie, die da durchgegangen ist und es geschafft hat - wenn Manager solche persönlichen Dinge aus ihrem Leben erzählen, dann wollen sie damit vor allem eines sagen: Leute wie ich haben schon so einiges erlebt. Und sie schaffen zur Not auch noch mehr.

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