Nahaufnahme:Der Barbar

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"Unser Investment in Vanke ist eine Antwort auf die Aufforderung unseres Landes, zu helfen." Yao Zhenhua

(Foto: Yuan Shuiling/Imaginechina)

Yao Zhenhua ist der erste Corporate Raider im Kommunismus - er hat es in kürzester Zeit zu einem Milliardenvermögen gebracht und gilt als äußerst umtriebig.

Von Christoph Giesen

Bis noch vor einem Jahr war Yao Zhenhua kaum bekannt in China, ein Mann, der irgendeine Versicherungsfirma gegründet hat. Auf der chinesischen Reichenliste, dem Hurun Report, der alljährlich im Herbst erscheint, stand Yao unter ferner liefen auf Rang 231. Viel mehr wusste man über diesen Yao mit seinem Hang zum militärischen Kurzhaarschnitt nicht.

Damit ist es nun vorbei.

Inzwischen wird Yaos Vermögen auf 17,2 Milliarden Dollar geschätzt, das macht ihn zum viertreichsten Chinesen. Innerhalb eines Jahres hat er seinen Reichtum um satte 820 Prozent gesteigert - selbst in der überaus schnelllebigen Volksrepublik ist das Rekord. Bemerkenswert ist auch, wie Yao sein Vermögen gemehrt hat. Er ist kein Internetmilliardär wie Alibaba-Gründer Jack Ma und er hat sein Geld nicht wie Hollywood-Aufkäufer Wang Jianlin ausschließlich mit Immobilien gemacht.

Yao ist eine neue Spezies in China, er ist ein Corporate Raider, ein Unternehmensplünderer, der gegen den Willen des Managements versucht, Firmen aufzukaufen.

Ende 2015 wurde bekannt, dass sich Yaos Stammfirma, die Baoneng Group, über mehrere Töchter bei Vanke, dem größten Immobilienentwickler Chinas, eingekauft hat. 25 Prozent der an der Hongkonger Börse gelisteten Vanke-Anteile hielt Baoneng zeitweilig. In den chinesischen Medien tobte damals eine Übernahmeschlacht. Im Zentrum: Yao Zhenhua, Chinas Wolf of Wall Street. Und ganz wie die Vorbilder in den Vereinigten Staaten nutzte Yao seine eingekaufte Macht auch und forderte den Rücktritt des Vanke-Vorstands - unerhört in China! Der Vanke-Aufsichtsratschef nannte ihn prompt einen "Barbaren".

Nun ist Yao wieder aktiv und hat sich die Glasverarbeitungsfirma CSG Holding ausgeguckt. In einem Brief an die Mitarbeiter kündigte Yaos Unternehmen strategische Veränderungen an und beschuldigte das bisherige Management, Fehler gemacht zu haben. Die Folge der Intervention: Die CSG Holding steht über Nacht ohne Aufsichtsratschef, Vorstandsvorsitzenden und Finanzchef da. Zudem haben vier Vize-Präsidenten den Rückzug angetreten. Die Aktien des Unternehmens legten hingegen um mehr als 20 Prozent zu. Alles ganz im Sinne von Yao Zhenhua.

Geboren wurde er 1970 während der Kulturrevolution in Shantou in der Provinz Guangdong, einem inzwischen in der Volksrepublik fast schon magischen Ort fürs Reichwerden. Denn neben Yao stammen sowohl Hongkongs Immobilienkönig Li Ka-shing als auch Ma Huateng, der Chef des Internetkonzerns Tencent, dessen Unternehmen die in China allgegenwärtige App Wechat entwickelt hat, aus der Nähe. Und diese beiden Herren sind sogar noch einen Tick reicher als Yao. Lis Vermögen wird auf 28 Milliarden Dollar taxiert, bei Ma sollen es 24,6 Milliarden Dollar sein. Immerhin noch gut sieben Milliarden mehr als bei Yao - aber der nimmt jetzt erst richtig Fahrt auf.

Nach dem Lebensmitteltechnik-Studium heuerte er 1992 bei einem Staatskonzern an, gründete aber rasch seine erste Firma, mit der er zum größten Gemüsehändler in Shenzhen aufstieg. 2000 benannte er sein Unternehmen in Baoneng um und expandierte. 2003 übernahm er die Kontrolle über eine staatliche Logistikfirma, die ins Schlingern geraten war. Durch diesen Deal kam Yao billig an Land, auf dem er erfolgreich Neubauten hochzog. So kamen das Immobiliengeschäft und der Logistikarm dazu. Das große Rad dreht Baoneng allerdings seit 2012, da bekam das Unternehmen eine Versicherungslizenz erteilt. Mit der konzerneigenen Police sammelt Yao Geld ein und investiert es wieder. Mal klammheimlich, mal ganz offen. So wie die modernen Raubritter in New York oder London.

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