Nahaufnahme:Dem Erbe verpflichtet

Lesezeit: 2 min

Acht Generationen lang war der Stiftekonzern Faber-Castell in Familienhand. Daniel Rogger ist der erste Familienfremde an der Spitze des Unternehmens.

Von Uwe Ritzer

Er hat ihn nie persönlich kennengelernt, aber Daniel Rogger hat sich fest vorgenommen, "seine Visionen weiter zu tragen". Das klingt etwas pathetisch, hochtrabend gar, aber Faber-Castell ist auch nicht irgendeine Bude, sondern eine Unternehmensdynastie. 256 Jahre alt, in adeliger Familienhand, acht Generationen lang ausschließlich geführt von Nachfahren des Bleistiftmachers Kaspar Faber und seiner Frau Maria. Bis Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell 2016 im Alter von 74 Jahren starb, ein eloquenter und weltmännischer Gentleman, der Firma und Familie fast vier Jahrzehnte nicht nur geführt, sondern verkörpert hatte. Seinem Erbe fühlt sich Daniel Rogger, 49, nun verpflichtet, als Nachfolger des Bleistift-Grafen und erster Familienfremder an der Spitze der Firma.

Seit 1. Juni ist der Schweizer Vorstandschef bei Faber-Castell, dem Stiftekonzern (8000 Beschäftigte) aus Stein bei Nürnberg, der sich seit dem Tod des Patriarchen Anton-Wolfgang neu sortiert. Eine Zeit lang schien es, als würden Witwe Mary und Charles, Anton-Wolfgangs Sohn aus erster Ehe, allzu heftig um die Führung wetteifern. Doch beide haben sich zusammengerissen und die Claims abgesteckt. Mary, die angeblich in den Aufsichtsrat wechseln wird, verantwortet im Vorstand das Kosmetikgeschäft. Charles führt eine Ebene darunter die Sparte Luxus-Schreibgeräte.

Langsam aber sicher steuert Faber-Castell vom patriarchalisch geführten Unternehmen zu einer herkömmlichen Struktur mit einem Vorstand, der entscheidet, und einem Aufsichtsrat, der womöglich mehr kontrolliert als früher. In dieser Konstellation wird Daniel Rogger bei Bedarf auch die Interessen der Familie ausbalancieren müssen. Großes Kopfzerbrechen scheint ihm dies nicht zu bereiten; er wirkt gelassen, unaufgeregt und auf eine angenehme Art selbstsicher. Gleich nach Amtsantritt stellte er sich zwei Schichten lang an die Maschinen, um die Bleistiftproduktion kennenzulernen. Seine Visitenkarte überreicht der gebürtige Luzerner mit beiden Händen und der Schrift nach vorne, wie man das in Asien tut.

Dort hat der Vater von zwei Kindern einen Großteil seines bisherigen Managerlebens verbracht. Von 1997 bis 2010 kümmerte er sich von Hongkong aus um das Asiengeschäft der Uhrenhersteller Swatch und Jaeger-LeCoultre, ehe er für drei Jahre nach Glashütte in Sachsen zog, als International Director bei Lange Uhren. 2013 übernahm er den Vorstandsvorsitz beim österreichischen Brillenhersteller Silhouette.

Er habe nicht nur als Manager Erfahrung, sondern auch eine persönliche Affinität zu Markenfirmen, sagt Rogger. Seinem Engagement bei Faber-Castell ging ein mehrmonatiger Prozess gegenseitiger Beschnupperung voraus. Ihm gefalle, sagt Rogger, dass die Firma langfristig ausgerichtet sei. Zuletzt erwirtschaftete das Unternehmen 667 Millionen Euro Umsatz, ein Plus von fünf Prozent. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Rogger etwas weniger, da der Ausmal-Boom bei Erwachsenen vorbei sei und neue Trends noch nicht vergleichbar durchschlagen. Gewinne? "Ja natürlich", sagt Rogger.

Was seine Pläne mit Faber-Castell angeht, gibt er sich zurückhaltend. In Asien sehe er großes Potenzial, denn dort sei die Nachfrage nach Markengütern enorm. Obendrein könne man die interne Kommunikation verbessern, ebenso die Trendforschung. Er selbst richtet sich auf ein längeres Engagement in Franken ein. Nach Ende des Schuljahres werde sein Sohn aus- und seine Frau dann mit ihm von Wien nach Nürnberg ziehen, erzählt Rogger. Vielleicht wird man ihn dann öfter auf der Tribüne des Fußballstadions antreffen. Die Namen der Schweizer Fußballer, die schon für den 1. FC Nürnberg kickten, zählt er jetzt schon lückenlos auf.

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: