Nahaufnahme:Das Chef-Paar

Nahaufnahme: "Wir könnten auch in der Ukraine, Bulgarien oder Rumänien eine Fabrik aufmachen. Das wäre billiger. Aber wir sind hier in Polen. Das gehört zu unserer Verantwortung." Solange Olszewsca (rechts).

"Wir könnten auch in der Ukraine, Bulgarien oder Rumänien eine Fabrik aufmachen. Das wäre billiger. Aber wir sind hier in Polen. Das gehört zu unserer Verantwortung." Solange Olszewsca (rechts).

(Foto: Jacek Kordus)

Die Bus-Unternehmer Olszewscy stehen für das moderne Polen: Sie und ihr Land haben eine Erfolgsgeschichte geschrieben.

Von Florian Hassel

Wer auf der Hannover Messe die ungekrönten Könige der polnischen Industrie sucht, dem fällt die Wahl nicht schwer: Das Ehepaar Solange und Krzysztof Olszewscy hat mit der Firma Solaris nicht nur einen führenden Busproduzenten Europas aufgebaut, sondern auch eine in ihrem Land einmalige Erfolgsgeschichte geschrieben. Gewiss, es gibt reichere Polen, Milliardäre gar. Doch während diese ihr Vermögen mit Medien oder Pharmaunternehmen, Holzvertrieb oder Finanzbeteiligungen machten, errangen die Olszewscys ihre Erfolge in der Industrie - da, wo Polen bis heute meist nur mit Töchtern westlicher Unternehmen glänzt.

Der Maschinenbauingenieur Krzysztof Olszewscy aber will schon im kommunistischen Polen der Siebzigerjahre etwas Eigenes aufbauen. Also arbeitet der frischgebackene Ingenieur nicht für eine Staatsfirma, sondern macht sich als Automechaniker in eigener Werkstatt die Finger schmutzig. Als er im Dezember 1981 in Deutschland Ersatzteile einkauft, überrascht Olszewscy die Ausrufung des Kriegsrechts in Polen. Der Ingenieur bleibt in Westberlin, findet bald Arbeit beim Busproduzenten Neoplan und steigt dort zum Leiter des Berliner Werks auf. Seine Frau Solange darf ihm bald folgen, später, nach einer persönlichen Intervention von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher in Warschau, auch die als Pfand zurückbehaltenen beiden Kinder.

Als der Kommunismus fällt, zieht es die Familie bald wieder in die Heimat. Erst vertreiben sie gebrauchte Busse, dann bürgen die Olszewscys 1994 mit allem, was sie haben, für einen Kredit, mit dem sie 72 Busse bauen können: Die will ihnen der Bürgermeister von Posen abkaufen - aber nur, wenn sie die Busse in der damals kriselnden Region bauen und so Arbeitsplätze schaffen. Zu Beginn haben die Olszewscys, die in den ersten Jahren noch freundschaftlich mit Neoplan zusammenarbeiten, in ihrer ersten Produktionshalle in einer ehemaligen Waffenfabrik in Bolechowo bei Posen gerade 36 Mitarbeiter. Heute sind es mehr als 2000 Beschäftigte; mehr als 15 000 Busse und auch Straßenbahnwaggons haben sie bis heute gebaut, die nicht nur in Polens Großstädten fahren, sondern auch in 31 weiteren Ländern.

Die Olszewscys entwickeln unter der Marke Solaris das Konzept des ohne hohe Stufen auskommenden Niederflurbusses weiter, und machen deshalb einen Dackel zum Erkennungszeichen des Unternehmens. Sie entwickeln aber auch Hybridantriebe und innovative Elektrobusse, die auf verschiedene Arten geladen werden können.

Ehefrau Solange Olszewsca, studierte Zahnärztin, ist in der Firma die zweite Chefin. 2008, nachdem ihr Mann gesundheitlich zeitweise angeschlagen ist, übernimmt sie den Vorstandsvorsitz. Krzysztof Olszewscy wird Aufsichtsratsvorsitzender und spottet über sich selbst, er stehe nur noch am Werkstor und zähle die fertigen Busse, die das Gelände verlassen. Das Unternehmerehepaar will nicht den Fehler anderer Familienunternehmen wiederholen, zu lange an der Führung festzuhalten: ein Entschluss, der nicht nur schwer umzusetzen, sondern an dem auch schwer festzuhalten ist. Zwar übernimmt Im April 2015 der ehemalige Daimler-Manager Andreas Strecker den Vorstandsvorsitz bei Solaris, wird aber Anfang Dezember 2016 wieder vor die Tür gesetzt. Seitdem ist Solange Olszewska wieder die Chefin der auf einen Wert von mehreren hundert Millionen Euro geschätzten Firma.

In Polen sind die Olszewscys nicht nur als Vorzeigeunternehmer bekannt, sondern auch durch ihre Stiftung "Grüner Dackel": Die kümmert sich etwa um Hilfe für schutzbedürftige Kinder und um den Tierschutz.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: