Nahaufnahme:Da sagt keiner Nein

Nahaufnahme: "Unterstützungskassen haben in Deutschland eine lange Tradition. Auch bei Krauss-Maffei gab es das in der Vergangenheit". Frank Stieler.

"Unterstützungskassen haben in Deutschland eine lange Tradition. Auch bei Krauss-Maffei gab es das in der Vergangenheit". Frank Stieler.

(Foto: S. Kösling)

Krauss-Maffei-Chef Stieler richtet einen Notfonds für Mitarbeiter ein - mithilfe seines Bonus. Weil das Steuerrecht solche Geschenke erschwert, musste ein Trick her.

Von Christoph Giesen

Frank Stieler ist ein Mann der Tradition. Fast sein gesamtes Berufsleben hat er bei Unternehmen verbracht, die eine lange Geschichte haben. Seine Karriere begann er beim Anlagenbauer Lurgi (gegründet 1897), er arbeitete für Siemens (1847) und den Baukonzern Hochtief (1875), zuletzt 18 Monate als dessen Vorstandsvorsitzender. Seit Sommer 2015 ist Stieler, 58, Chef beim Münchner Maschinenbauer Krauss-Maffei. Diesem Unternehmen, mit seiner wechselhaften Geschichte, möchte er nun ein gutes Stück deutscher Industriepraxis zurückgeben: die Unterstützungskasse. Ein Notfonds für die Mitarbeiter. "Unterstützungskassen haben in Deutschland eine lange Tradition", sagt Stieler. "Auch bei Krauss-Maffei gab es das in der Vergangenheit." Irgendwann war es damit jedoch vorbei, zu oft hat das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten den Eigentümer und den Namen gewechselt.

Mit der 1940 gegründeten Krauss-Maffei AG, deren Ursprünge auf Joseph Anton von Maffeis Lokomotivfabrik aus dem Jahr 1838 zurückgehen, hat die heutige Firma nur noch wenig zu tun. Auf den Maschinen von Krauss-Maffei können alle Arten von Kunststoff produziert werden - aber keine Panzer: Der Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann ist ein völlig anderes Unternehmen. Mehr als ein Jahrzehnt gehörte Krauss-Maffei zur Mannesmann-Gruppe. Als diese zerschlagen wurde, ging das Unternehmen als Teil des damals unter dem Namen Atecs gebündelten Mannesmann-Industriegeschäfts an den Siemens-Konzern. Dieser filetierte den Neuerwerb umgehend. Das in der Mannesmann Plastics Machinery AG (MPM) angesiedelte Geschäft mit Spritzgussmaschinen verkaufte Siemens an den Finanzinvestor KKR - und die Hedgefonds-Odyssee begann. Madison Capital stieg ein und benannte MPM wieder in Krauss-Maffei. Dann übernahm der dritte Finanzinvestor, Onex aus Kanada. Vor einem Jahr ging Krauss-Maffei schließlich an den chinesischen Staatskonzern Chem-China. Und dabei soll es auch erst einmal bleiben, wünscht sich Stieler.

Inzwischen haben sie bei Krauss-Maffei einen Verein gegründet, der darüber entscheiden soll, wer Zuwendung aus der Unterstützungskasse bekommt. "Immer dann, wenn jemand nicht selbst verschuldet in Schwierigkeiten geraten ist, möchten wir eingreifen. Zum Beispiel bei einem Lehrling, der vielleicht durch einen Autounfall seine Eltern verloren hat", sagt Stieler. Das erste Geld für den Fonds stammt aus Stielers Bonus. "Der vorherige Eigentümer hat, wie das in der Branche üblich ist, dem Management und auch mir einen Bonus für einen erfolgreichen Verkauf in Aussicht gestellt." 750 000 Euro standen ihm zu - für ein paar Monate Arbeit. Chem-China hat sich entschieden, die identische Summe einzuzahlen.

Die Arbeitnehmerseite freut das: "Das Engagement zeigt, dass bei Krauss-Maffei die Belegschaft an erster Stelle steht", sagt Peter Krahl, der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats und langjährige Betriebsratschef. "Die Initiative zur Gründung einer Unterstützungskasse bringt Mannschaft und Management zusammen", sagt Gewerkschafter Horst Lischka von der IG Metall Bayern.

Ein Problem gab es allerdings: das deutsche Steuerrecht. Es sieht vor, dass man einen Bonus versteuern muss. Stielers Geld musste also mit einem Trick überwiesen werden: "In meinem Fall funktioniert es nur, da ich einen Bonus für den Verkauf von Anfang an abgelehnt habe. Ich habe aber den vorherigen Eigentümer überzeugen können, den Betrag direkt in die neu gegründete Unterstützungskasse einzuzahlen", sagt Stieler und fordert: "Wenn Manager Geld spenden, sollte das steuerfrei möglich sein."

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