Nahaufnahme:Ärger für die Kekskönige

Nahaufnahme: "Wir sind eine kleine Firma, und der Brexit ist eine Bedrohung für uns." Barry Broderick  (links, mit seinem Bruder).

"Wir sind eine kleine Firma, und der Brexit ist eine Bedrohung für uns." Barry Broderick (links, mit seinem Bruder).

(Foto: Alan Betson)

Der Austritt Großbritanniens aus der EU beunruhigt die Chefs einer Dubliner Konditorei. Das Vereinigte Königreich war bislang Irlands wichtigster Exportmarkt.

Von Björn Finke

Barry Broderick kümmert sich in der Firma um die Produktentwicklung. "Das heißt, ich stehe in der Küche und probiere neue Ideen aus", sagt der 44-Jährige. Zusammen mit seinem Bruder Bernard - "Der ist 39, sieht aber älter aus als ich", sagt Barry augenzwinkernd - führt er Broderick's, einen Dubliner Familienbetrieb, der Schokoriegel, Kekse und andere süße Snacks herstellt und weltweit verkauft. Broderick's-Riegel erhalten Passagiere auch im Flugzeug serviert; das kleine Unternehmen mit 90 Beschäftigten belieferte bereits Aer Lingus, Virgin oder Ryanair.

Die beiden Brüder haben ehrgeizige Pläne: Sie wollen im November in eine viel größere Fabrik in Dublin umziehen, in den kommenden zwei Jahren weitere 40 Mitarbeiter einstellen und den Umsatz von zuletzt 8,4 Millionen Euro bis 2022 verdoppeln. "Wir wollen dafür vor allem unsere Exporte steigern", sagt Barry Broderick. Doch im wichtigsten Absatzmarkt jenseits der Heimat Irland, in Großbritannien, könnte das in Zukunft schwieriger werden - wegen des Brexit. Einigen sich London und Brüssel in den Austrittsverhandlungen nicht auf einen Freihandelsvertrag, könnten Zölle eingeführt werden.

"Wir sind eine kleine Firma, und der Brexit ist eine Bedrohung für uns", sagt Barry Broderick. "Vielleicht gibt es Zölle auf unsere Produkte, vielleicht kaufen britische Handelsketten weniger bei ausländischen Lieferanten ein. Niemand weiß es im Moment." Diese Sorgen teilen die beiden Zuckerbäcker aus Dublin mit vielen irischen Unternehmern. Das Vereinigte Königreich ist Irlands größter Exportmarkt nach den USA, kein anderes verbleibendes EU-Mitglied trifft der Brexit so hart.

Die Brodericks litten bereits darunter, dass nach dem EU-Referendum der Pfundkurs abgestürzt ist. Der Umsatz im Königreich in Pfund ist in Euro jetzt weniger wert: "Das frisst unsere Gewinnmarge auf", sagt Barry Broderick. "Wir versuchen nun, mehr Exportgeschäft jenseits Großbritanniens zu machen, um die Risiken durch den Brexit abzufedern."

Die Brüder brachten ihre Broderick's-Riegel 2010 in Irland in die Läden, schon ein Jahr später begannen sie, die Süßigkeiten ins Ausland zu liefern. "Irland steckte damals in der Krise, darum wollten wir schnell auch auf Exportmärkten Abnehmer finden", sagt Barry Broderick.

Die Firma ist deutlich älter. Ihre Mutter Ina fing 1983 an, selbst gebackene Kuchen an Cafés zu verkaufen. Ihre beiden Söhne halfen als Kinder in der Küche beim Backen mit. Daraus entwickelte sich schnell ein gut gehender Konditorbetrieb.

Nach seinem Wirtschaftsstudium steigt Barry 1993 bei dem Unternehmen ein, 2002 folgt ihm sein Bruder. Die beiden beobachten, dass immer mehr Menschen in Cafés Getränke und süße Snacks zum Mitnehmen kaufen. "Wir wollten ebenfalls solche verpackten Riegel, Küchlein und Kekse zum Mitnehmen anbieten", sagt Barry Broderick. "Sie sollten die gleiche hohe Qualität haben wie die Waren unserer Konditorei, und sie sollten von Hand gebacken sein." 2010 starten sie dann ihre Snackmarke Broderick's mit den zwei ersten Riegeln, dem Gooey Ooozy Chocolatey Solid Brick, einem Brownie, und Tiff Toff in the Tuffen, einem Schokokeks.

Broderick's-Süßigkeiten tragen alle ausgefallene Namen. Auf den Packungen sind zwei Comic-Männchen zu sehen, das sollen die Brüder sein. Auch die Webseite der Firma ist wie ein Comic aufgemacht, mit den Brüdern als Haupt- oder eher Witzfiguren. "Wir nehmen uns selbst nicht sehr ernst, aber wir nehmen das Geschäft sehr ernst", sagt Barry Broderick, dessen Visitenkarte ihn als "Konfektkönig" ausweist. Ein Konfektkönig, der nun an der Brexit-Entscheidung des benachbarten Königreichs arg zu knabbern hat.

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