Großaktionärin:Die wahre BMW-Chefin

BMW-Erbin Johanna Quandt gestorben

Johanna Quandt im Jahr 2014

(Foto: dpa)

Johanna Quandt hatte stets das letzte Wort bei BMW. Egal, wer unter ihr Vorstand war.

Von Karl-Heinz Büschemann und Joachim Käppner

Als Johanna Quandt einmal mit ihrer Kreditkarte im Supermarkt bezahlen wollte, fragte die Kassiererin die Milliardärin, ob sie denn mit den berühmten Quandts verwandt sei. Die Antwort: "Schön wär's."

Diskretion bis an den Rand des Versteckens, Privates ist privat, das war und ist die intern als "Kultur der Zurückhaltung" beschriebene Grundhaltung der Familie Quandt. Über kaum eine deutsche Unternehmerfamilie wusste die Öffentlichkeit so wenig. Johanna Quandt folgte dem Familiengesetz, das ihr Schwiegervater, der Großunternehmer Günther Quandt, einst gebieterisch ausgegeben hatte: "Nie etwas sagen. Aufsehen vermeiden." Die Unternehmenslenkerin war zuletzt schwer krank gewesen, auch dies hatte kaum jemand gewusst. An diesem Montag ist sie gestorben, im Alter von 89 Jahren.

Johanna Quandt ist, wie auch Friede Springer oder Liz Mohn, in die Rolle der Unternehmerin und Patriarchin hineingewachsen. Sie nahm - auch wegen ihrer guten Fremdsprachenkenntnisse - nach einem Jahr in Detroit einen Job als Sekretärin von Herbert Quandt an.

Er besaß Beteiligungen an Chemieunternehmen, an einer Batteriefirma, an Textilfirmen. Dieser Herbert Quandt wurde Ende der Fünfziger mit einer einzigen Entscheidung zu einem der ganz Großen in der Wirtschaftswunder-Industrie: Er war der Retter von BMW.

Als Herbert Quandt im Jahr 1982 starb, übernahm seine Witwe die Rolle der Familienchefin und machte einfach weiter. Plötzlich saß sie im Aufsichtsrat von BMW oder beim Chemieunternehmen Altana und kontrollierte Riesenkonzerne. Sie wurde zur reichsten Frau Deutschlands. Die knapp 50-prozentige Beteiligung an BMW, die sie zuletzt schon zum Teil an ihre beiden Kinder Susanne Klatten und Stephan Quandt weitergereicht hat, ist heute rund 30 Milliarden Euro wert.

Sie lebte in feiner Umgebung in Bad Homburg bei Frankfurt, in einer vergleichsweise zurückhaltenden Villa hinter hohen Hecken, aber sie machte sich nichts aus Ruhm und Boulevard-Prominenz. 1978 vereitelte die Polizei einen Entführungsversuch. Dass ihre Tochter Susanne erpresst wurde und der Prozess 2009 Schlagzeilen machte, war für Mutter wie Tochter ein Martyrium. Zum Einkaufen ging Johanna Quandt dennoch auch mal selbst. Unauffällig, ohne Stilberater und auffällige Kleidung. Intern sprach man von einer zweiten Kultur neben der des Schweigens: jener der Bescheidenheit.

Der Geist der Johanna Quandt ist noch heute bei BMW präsent, er wird es noch lange bleiben.

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