Nachruf:Bye, Charly Walker

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Er fing als Barpianist an und wurde Österreichs Discount-König: Jetzt ist Billa-Gründer Karl Wlaschek gestorben.

Von Angelika Slavik

Wenn man davon ausgeht, dass ein realistisches Selbstbild zu den größten Errungenschaften gehört, die man im Lauf eines Lebens so erreichen kann, dann hat Karl Wlaschek vielleicht vieles richtig gemacht. "Beim G'schäft bin i guat, bei de Weiber bin i a Depp", hat Wlaschek mal gesagt. Der neutrale Beobachter kann zumindest feststellen, dass das Privatleben des österreichischen Discount-Pioniers und "Billa"-Gründers weitaus größeren Schwankungen unterworfen war als sein wirtschaftlicher Erfolg: Das US-Magazin Forbes führte ihn zuletzt auf Platz 393 der reichsten Menschen der Welt. Sein Vermögen wurde auf 4,2 Milliarden Dollar geschätzt.

Wlaschek, geboren 1917 in Wien, strebte nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst eine Karriere als Musiker an. Unter dem Künstlernamen "Charly Walker" arbeitete er als Barpianist. 1953 versuchte er sich erstmals als Kaufmann. Er eröffnete eine Parfümerie und bot Markenartikel zu Discountpreisen an. Der Erfolg kam schnell, 1960 betrieb er bereits 45 Filialen, die später Bipa heißen sollten - ein Akronym für "billige Parfümerie". Das gleiche Konzept übertrug er wenig später auf den Lebensmittelhandel, von 1961 an eröffnete Wlaschek Filialen mit dem Namen Billa ("Billiger Laden"). Während der Konzern wuchs, fand sein Privatleben große öffentliche Beachtung - Wlaschek heiratete insgesamt fünf Mal, zuletzt 2012 im Alter von 94 Jahren. Auch seine Methoden zur Qualitätssicherung im Unternehmen verschafften ihm einen Ruf als Exzentriker: Wlaschek soll sich regelmäßig inkognito an der Wursttheke angestellt haben, um Service und Angebot zu prüfen. Produkte, die ihn nicht überzeugten, mussten sofort ausgelistet werden.

1996 verkaufte er einen großen Teil seines Imperiums für 1,1 Milliarden Euro an die deutsche Rewe-Gruppe. Fortan investierte er vor allem in Immobilien: In der Wiener Innenstadt besaß er mehrere Palais, 2011 kaufte er zudem das Schloßhotel Velden in Kärnten, das einst Schauplatz der Fernsehschnulze "Ein Schloß am Wörthersee" war - und in dem Wlaschek früher selbst als Pianist aufgetreten war.

Am vergangenen Sonntag ist Karl Wlaschek im Alter von 97 Jahren in Graz gestorben.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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