Nachfolge Zumwinkel:"Angela Merkel der Post"

Frank Appel ist der Favorit für die Nachfolge von Post-Chef Zumwinkel. Der promovierte Neurobiologe pflegt einen ganz eigenen Stil.

Caspar Dohmen

Als die Steuerfahnder bei Klaus Zumwinkel anrückten, war der sorgfältig geplante Wechsel bei der Deutschen Post Makulatur.

Schon am Montag könnte der Aufsichtsrat Frank Appel zum neuen Post-Chef ernennen, erfuhr die Süddeutsche Zeitung am Freitag aus Aufsichtsratskreisen. Möglicherweise erweist sich sein enges Verhältnis zu Zumwinkel aber auch als Bumerang.

Die Besetzung des Post-Jobs gehörte in diesem Jahr ohnehin zu den Top-Personalien der deutschen Wirtschaft. Nach den möglichen Fehltritten Zumwinkels wird der öffentlich wenig bekannte Appel nun ganz genau beobachtet werden.

Einen der seltenen Einblicke in seine Gedankenwelt gewährt der promovierte Neurobiologe auf einer Fahrt durch das winterliche Moskau. Angesichts des zähfließenden Verkehrs kommt die Rede auf die Erderwärmung durch Kohlendioxid, an dessen Ausstoß die Post als Transporteur von Briefen und Waren rund um den Globus einen gehörigen Anteil hat.

"Auf jeden Fall ist es richtig, die Erderwärmung zu bekämpfen", sagt Appel, selbst wenn der Mensch seiner Meinung nach keinen Einfluss auf kybernetische Prozesse habe. Das Problem sei doch, dass der Kohlendioxidausstoß beim Transport keinen Preis habe, sagt der 46-jährige Manager und verweist auf die Gesundung des Rheins. "Der ist eben heute sauber, weil es staatliche Regeln und einen Preis für Abwasser gibt."

Sorge um das Klima

Dann beginnt der Manager zu philosophieren. Eine Bepreisung von Kohlendioxid könne ein Land wie Deutschland sicher nicht im Alleingang durchsetzen, "Europa kann es aber tun".

Der Naturwissenschaftler, der demnächst auch die Interessen der Post in Berlin und Brüssel vertreten wird, zeigt bei dieser Fahrt politische Phantasie. Ein Preis für den Kohlendioxidausstoß werde sich entlastend auf den hiesigen Arbeitsmarkt auswirken, weil dann automatisch die Transportkosten stiegen.

"Wer weiß, vielleicht kommt dann sogar ein Teil der ausgelagerten Arbeiten wieder nach Europa zurück", sagt Appel, der seit sechs Jahren bei der Post arbeitet, momentan als Vorstand für den Logistikbereich, in dem er die Gewinne nach oben getrieben hat.

Zudem werde ein solcher Preis Transportwege mit einem geringeren Kohlendioxidausstoß begünstigen, wie das Schiff. In den Augen von Appel wäre es für die Deutsche Post jedenfalls "kein Schaden", wenn der Transport von Waren über weite Strecken abnähme, dafür der Transport in den Regionen zunähme - schließlich sei das Unternehmen auf beiden Märkten aktiv.

"Angela Merkel der Post"

Während die schwarze Limousine irgendwo zwischen der Peripherie Moskaus und der Innenstadt im Stau steckt, spricht der meist nüchtern wirkende Manager engagiert davon, dass Unternehmen aus Eigeninteresse sozialverantwortlich handeln müssten. Allein schon, weil man heute sonst kaum ausreichend qualifizierten Nachwuchs als Firma gewinnen könne.

Deswegen sind Projekte wie das Grüne Paket, bei dem Postkunden einen Ausgleich für den Kohlendioxidausstoß bei dem Transport ihrer Sendung zahlen, für Appel mehr als ein Gag. Fraglich ist, wie glaubwürdig Manager noch sind, wenn sie über Sozialverantwortung reden. Hier hat Zumwinkel seinem Nachfolger den Job deutlich erschwert.

Geist bewiesen hat Appel früh. Als 18-Jähriger las er "Mensch - Irrläufer der Evolution" von Hans Köster, danach studierte er Physik und Chemie in München, promovierte später in Neurobiologie. Doch der Wissenschaftsbetrieb mit seinem Gerangel um Zitierungen in den richtigen Publikationen missfiel ihm. So heuerte Appel bei der Unternehmensberatung McKinsey an; ein Projekt führte ihn zur Post. Zumwinkel machte ihm ein Angebot.

Damals war es keinesfalls ausgemacht, dass Appel einst an die Spitze der Deutschen Post rücken dürfte. Doch einige Kronprinzen strauchelten. Appel besteche mit seinem Intellekt, sagt ein hochrangiger Post-Mitarbeiter und ergänzt, dafür fehle ihm Charisma. Manch einer in den höheren Etagen des Post-Towers spricht von der "Angela Merkel der Post". Wie sie werde Appel im Amt schnell Statur gewinnen. Bei den Arbeitnehmervertretern hat er einen guten Ruf.

Appel, bekennender Nichtbesitzer eines Black Berry, ist eine effiziente Arbeitsorganisation wichtig. Deswegen hat er Mitarbeiter um sich geschart, die wie ein Filter agieren, beispielsweise für E-Mails. Er liest kaum mehr als 15 E-Mails am Tag. Die Nervosität und Zeitnot vieler Manager ist ihm ein Greuel.

"Es ist nicht gut, wenn Manager immer mehr zu Getriebenen werden", sagt Appel und zitiert aus Goethes Faust: "Werd' ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön!". Dann gewährt er einen Einblick in sein Privatleben. Meist bemühe er sich, abends daheim zu sein. Spärlich äußert er sich bislang zu strategischen Entscheidungen. Damit könnte ab Montag Schluss sein.

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